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Schwimmende Rarität ziert den Keller

Bielefelder Apotheker auf Barschfang in Afrika - Seltene Zucht trägt zur Arterhaltung bei

Von Gerhard Hülsegge
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Fische züchten kann (fast) jeder. Cichliden, also Buntbarsche, sind auch nicht gar so selten. Was der Bielefelder Apotheker Eckhard Haupt (42) allerdings im Keller groß zieht, darf schon als Besonderheit bezeichnet werden. Er hat seine »Cypriochromis Leptosoma« im afrikanischen Tanganjikasee selbst gefangen - und die Art damit vor dem Aussterben bewahrt.

»Ich bin Fische-Liebhaber, kein Züchter«, stellt der Inhaber der Bärenapotheke in der Marktpassage, bescheiden fest. Und betreibt damit natürlich ein wenig »Understatement«, wie der Engländer sagen würde. Vor exakt fünf Jahren war der verheiratete Vater von zwei Kindern das erste Mal durch Vermittlung des Max-Planck-Instituts nach Afrika gereist, um im 800 Kilometer langen und zweitgrößten Gewässer der Welt Ausschau nach Fischarten zu halten, die es in keinem Laden zu kaufen gibt, und mit dem Aussetzen der Nachzucht für den Fortbestand der Gattung zu sorgen.
Den See, der an Sambia, Burundi, Tansania und den Kongo grenzt, sollte nicht dasselbe Schicksal ereilen wie den Viktoriasee, wo man in den Siebzigerjahren den Nilbarsch ausgesetzt hatte, weil die Bevölkerung Eiweiß brauchte und der Tourismus angekurbelt werden sollte. Mit der Folge, dass er mangels natürlicher Feinde alles zerstört hat, was da war. »Er war außerdem so fett, dass man ihn nicht an der Luft trocknen konnte«, berichtet Haupt.
Was mit der Exkursion im Jahr 2000 begann, fand für Eckhard Haupt 2002 seine Fortsetzung. Die Nachzucht der Fische, die er im Tanganjikasee ausgesetzt und gefangen hat, tummeln sich heute im Keller seines Wohnhauses. Wer sie besichtigen will, muss eine steile Treppe hinabsteigen, stößt auf drei große und fünf kleine Wasserbecken. In der Mitte ein Büro-Drehstuhl, von wo aus Haupt den totalen Überblick behält.
»Ich habe mein Hobby vor zehn Jahren neu entdeckt«, sagt der Mann »mit extremer Tendenz zum Wasser«, der in Hamburg studiert und sein erstes Aquarium einst im Keller wiedergefunden hat. Drehen der »Xenotilapia«, eine Sandcichlide, oder der »Enantiopus Melanogenis« mal ganz in Weiß, mal gelb, mal nur mit blau-gelbem Kopf, zwischen Ibbenbürener Sandsteinen ihre Runden, kann Eckhard Haupt so richtig entspannen. »Allein das Wasser«, so verrät er, »lässt mich zur Ruhe kommen«.
Ehefrau Maren (39) stammt zwar von der Nordseeinsel Sylt, lässt das Hobby ihres Mannes aber kalt. Auch Sohn Hendrik mag sich noch nicht so recht für die Liebhaberei seines Vaters interessieren. Dafür hilft Tochter Pauline (5) zum Beispiel mit, wenn es wie jüngst am vergangenen Wochenende zur Cichliden-Börse (wir berichteten) geht. »Sie ist eine tolle Fischfängerin«, so Eckhard Haupt stolz.
Im kommenden Jahr will er wieder nach Afrika reisen. Allerdings zum vorerst letzten Mal. »Denn«, so Haupt, »beim ersten Besuch sind wir nicht nur Krokodilen, Flusspferden und gefährlichen Wasser-Kobras begegnet, sondern auch von betrunkenen Kinderbanden beschossen worden«.

Artikel vom 18.11.2005