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»Hinrichtung ohne Gerichtsurteil«

Die türkischen Medien schießen gegen Blatter und kritisieren Terim


Istanbul (dpa). Nach den Attacken gegen die Spieler der Schweizer Nationalmannschaft beim WM-Relegationsspiel in Istanbul schießen sich die türkischen Medien jetzt auf FIFA-Präsident Joseph Blatter ein. Mit der Schlagzeile »Hinrichtung ohne Gerichtsurteil« reagierte das Massenblatt »Sabah« am Freitag auf die dem türkischen Fußball-Verband angedrohten harten Strafen. Blatter habe sich parteiisch auf die Seite der Schweiz gestellt.
»Hooligan-Präsident« oder »Nur das Nationaltrikot hat gefehlt«, lauteten andere Überschriften. Mit dem Hinweis, dass der Weltverband seinen Sitz in der Schweiz habe, Präsident, Generalsekretär und Pressesprecher Schweizer seien, wurde mächtig Stimmung gegen die FIFA gemacht.
Selbstkritik, verbunden mit schweren Vorwürfen an die türkischen Verantwortlichen und Rücktrittsforderungen, wurde dagegen in anderen Blättern laut. »Wir sind alle wütend. Besonders gegen den Schweizer FIFA-Präsidenten spucken wir Gift und Galle. Aber an den Vorfällen haben wir auch Schuld«, schrieb die Zeitung »Vatan«. Das Blatt veröffentlichte erstmals Fotos, die zeigen, wie der türkische Co-Trainer Mehmet Özdilek einem Schweizer Spieler ein Bein stellt und damit die Ausschreitungen auslöste.
Massive Kritik übten einige Blätter an Trainer Fatih Terim. Mit seinen Äußerungen und seinem Verhalten habe Terim die Stimmung angeheizt. Dafür müsse er gerade stehen, schrieb das Blatt »Hürriyet«. Konsequenzen für den Verband, der Terim nicht in die Schranken gewiesen habe, forderte die Zeitung »Vatan«.
Verbandspräsident Levent Bicakci beharrte darauf, dass die Schweiz ebenso bestraft werden müsse wie die Türkei. »Wir wollen, dass das mit Fair-Play unvereinbare Verhalten der Schweizer bei beiden Spielen ebenso in Rechnung gestellt wird«, sagte Bicakci bei einer Pressekonferenz.
Derweil erwartet Christoph Daum ein klares Zeichen von der FIFA: »Wir können jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und sagen, es wäre nichts gewesen. Aber so dramatisch, wie es dargestellt wird, war es nicht. Trotzdem muss hier ein ganz klares Zeichen von der FIFA gesetzt werden: Liebe Türken, so geht es in Zukunft nicht weiter.«

Artikel vom 19.11.2005