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Privatpatient verliert Vorteile

Ministerin Schmidt will Extra-Honorar abschaffen - Ärzte laufen Sturm

Berlin (WB/DS/dpa). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will alle Ärzte verpflichten, zu einem Standardtarif künftig jeden Patienten zu behandeln. Außerdem will die Ministerin von allen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erheben lassen.

»Es ist sehr ungerecht, wenn die gesetzlich Versicherten, die zum Teil auch hohe Beiträge zahlen, auf eine Behandlung viel länger warten müssen als ein Privatpatient, an dem die Ärzte mehr verdienen«, erklärte Schmidt. Derzeit gibt es etwa 8,3 Millionen Privatversicherte. Bei Privatpatienten können Ärzte derzeit das 2,3-fache der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen.
Kassenärzte und Krankenversicherer kritisierten die Änderungen bei den Arzthonoraren gestern als existenzbedrohend. Wenn die Leistungen für gesetzlich und privat Versicherte künftig gleich honoriert würden, werde dies viele Arztpraxen in Gefahr bringen, warnten Verbandsvertreter. Die Bundesärztekammer erklärte, sie werde eine Verfassungsklage gegen die gesundheitspolitischen Pläne der großen Koalition unterstützen. Ein eigenständiges Klagerecht hat der Verband nicht.
Schmidt hofft auf stabile Kassenbeiträge. »Es gibt keinerlei Grund für Krankenkassen, 2006 die Beiträge steigen zu lassen.«
Die Ministerin will Zusammenschlüsse von gesetzlichen Versicherungen fördern. Wenn es zwischen 30 und 50 statt derzeit 262 Krankenkassen gäbe, sei die Auswahl noch immer gut. Barmer-Chef Eckart Fiedler rechnet 2006 mit ersten größeren Kassenfusionen. Eine Verringerung auf 50 bis 70 werde jedoch nicht in diesem Jahrzehnt zu erreichen sein.
Die Honorare der Ärzte sollen neu geordnet werden. »Im fachärztlichen Bereich soll es Fallpauschalen für bestimmte medizinische Leistungen geben«, sagte Schmidt. »Wenn es diese Pauschalen gibt, ist die alte Honorarverteilung über die Kassenärztliche Vereinigung passé.« Diese hätten eine Zukunft, wenn sie sich auf die Sicherstellung der Versorgung, die Beratung der Ärzte und die Beteiligung an der Arzneimittel-Steuerung beschränkten.
Die Pflegeversicherung soll reformiert werden. Auch Privatversicherte sollen 1,7 Prozent des Bruttoeinkommens zahlen. S. 4: Kommentar und Hintergrund

Artikel vom 18.11.2005