17.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»20 000 Terroristen - in afghanischen Lagern ausgebildet und in alle Welt geschickt.«

Leitartikel
Anschlag in Afghanistan

Illusionen
bekämpfen
Terror nicht


Von Dirk Schröder
Mit militärischen Ehren und in Anwesenheit von Verteidigungsminister Peter Struck ist gestern Abend auf dem Köln/Bonner Flughafen der Leichnam des in Kabul getöteten Bundeswehr-Soldaten empfangen worden. Der Feldjäger ist bereits das 18. Opfer, das die deutschen Streitkräfte seit Beginn ihres Afghanistan-Einsatzes zu beklagen haben.
Es ist nur allzu verständlich, dass in solchen Momenten die Frage gestellt wird, ob derartige Einsätze zu verantworten, sinnvoll und notwendig sind. Diese Frage muss natürlich immer wieder beantwortet werden. Und die Politik hat dies auch umgehend getan, indem sie klarstellt, vom bisherigen Afghanistan-Kurs nicht abweichen zu wollen. Dies ist wahrlich keine leichte Entscheidung, denn die Verantwortlichen wissen, dass der Einsatz in Afghanistan - schon bisher alles andere als ungefährlich - künftig mit noch höherem Risiko für Leib und Leben der Soldaten verbunden sein wird.
Taliban und El Kaida sind wild entschlossen zu verhindern, dass das zerschundene Land den Weg zurück in die internationale Gemeinschaft findet. Das ist noch ein langer Weg, den das Land aber nicht ohne den Friedenseinsatz der Bundeswehr und all der anderen ISAF-Schutztruppen schaffen kann.
Von Peter Struck stammt der Ausspruch, Deutschlands Sicherheit müsse auch am Hindukusch verteidigt werden. Als er die Losung ausgab, stieß er damit lange Zeit auf Unverständnis. Heute gibt es jedoch große Übereinstimmung in Deutschland, dass die nationalen Sicherheitsinteressen sehr wohl auch von der Entwicklung in Afghanistan abhängen.
Nach Erkenntnissen des Bundesnachrichtendienstes sind zu Taliban-Zeiten mindestens 20 000 Terroristen in afghanischen Lagern ausgebildet und in alle Welt geschickt worden. 3000 El Kaida-Anhänger sind gar im Umgang mit bakteriologischen und chemischen Kampfstoffen geschult worden.
Das muss erschrecken. Zwar ist die Infrastruktur der Terroristen am Hindukusch heute weitgehend zerstört. Doch die Taliban beherrscht noch immer Teile des Landes. Es muss deshalb noch für längere Zeit Aufgabe des internationalen Antiterror-Einsatzes bleiben zu verhindern, dass von Afghanistan aus ungestört Anschläge in aller Welt vorbereitet werden können. Taliban ist nicht nur eine Gefahr für Afghanistan.
Wenn Populisten wie Oskar Lafontaine nun den Rückzug vom Hindukusch verlangen, weil der Einsatz die Gefahr eines Anschlags in Deutschland vergrößere, zeugt dies von wenig Verantwortungsgefühl. Aber damit hatte er es bekanntlich noch nie. Es ist doch auch eine Illusion zu glauben, Deutschland werde von den Terroristen verschont, wenn es sich international heraushalte.
Afghanistan darf jetzt nicht im Stich gelassen werden, die Bundeswehr wird dort noch gebraucht - als Teil des Antiterror-Kampfes und zur Verbesserung der humanitären Situation.

Artikel vom 17.11.2005