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Dr. Hans-Detlef Hoffmann ist Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Eine fröhliche Kehrtwendung

Beherzigenswerte Gedanken zum heutigen Buß- und Bettag 2005

Von Dr. Hans-Detlef Hoffmann
Heute ist Buß- und Bettag - für viele Menschen ein Tag mit sieben Siegeln. Büßen und Beten - wozu soll das gut sein? Am ehesten noch Beten.

Ein Stoßgebet in einer bedrohlichen Situation, in Krankheit und Todesgefahr kommt uns schon einmal über die Lippen. Aber büßen, Buße tun - was kann daran gut sein? Unsere Alltagssprache verrät: Buße meint meist nichts Gutes. Wir reden von Geldbuße, die dem Verkehrssünder droht, oder von einer empfindlichen Einbuße, wenn die vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer ein weiteres Finanzloch in unsere Kasse reißt.
Auch als religiöser Begriff signalisiert Buße nichts Gutes: Gedrückte Stimmung, Verzagtheit, ja Zerknirschung - so etwas verbinden viele mit Buße. Und manche halten dies dann auch noch für typisch protestantisch. Meint Buße also Widerspruch gegen Lebensfreude und Leichtigkeit des Seins, wie sie vielleicht im katholisch geprägten Karneval zum Ausdruck kommen, der auch in diesen Novembertagen beginnt?
Ja, das Ende der Spaßkultur ist wohl wirklich gekommen: Schluss mit lustig - mit Oberfläch-lichkeit und Gleichgültigkeit lässt sich keine Zukunft gewinnen. Und doch ist der Buß- und Bettag alles andere als ein Tag, der uns das Leben vermiesen will.
Tut Buße und glaubt an das Evangelium! sagt Jesus. Seine Einladung zur Buße will nicht das Leben seiner Freude berauben. Im Gegenteil: Buße heißt Umkehr, meint eine entschlossene, fröhliche Kehrtwendung, die falsche Wege verlässt. Der neue, bessere Weg ist der Weg des Glaubens an das Evangelium. Evangelium aber meint frohe Botschaft von einer guten Zukunft. Buße ist also ein Aufruf zur Umkehr zu einem von Freude und Zuversicht erfüllten Leben.
Solche Umkehr tut Not - gerade auch in Staat und Gesellschaft und in unserm politischen Handeln: Umkehr vom Krieg zum Frieden, von der Gewalt als Mittel zur Lösung politischer Konflikte zur Versöhnung. Umkehr von einer ungerechten Verteilung der Mittel gegen Krankheiten wie AIDS zum Zugang für alle Menschen zur rettenden Medizin. Und auch Na-turkatastrophen sollen am Ende unser Umdenken bewirken: Umkehr von rücksichtsloser Ausbeutung der Natur und Schädigung des Weltklimas zu einem verantwortlichen Umgang mit Gottes guter Schöpfung für Leben und Zukunft.
Freilich: Zu wirklicher Buße und Umkehr gehört Vertrauen. Nicht wir sind es, die diese Welt retten werden aus eigener Kraft. Nur wer im letzten nicht auf sich selbst setzt und die eigenen Stärke, kann wahrhaft Zukunft gewinnen. Die Grenzen des Machbaren und menschlich Möglichen sind längst erreicht. Die Vorstellung, alles zu können und alles zu schaffen, hat sich je länger je mehr als Hochmut und Wahn erwiesen - als Sünde, in der Menschen sein wollen wie Gott. Gerade hier ist Umkehr notwendig.
Angewiesen zu sein auf Hilfe und Beistand, auf den Segen und Beistand Gottes und die Mithilfe von anderen Menschen - das mag unsern menschlichen Stolz als »Macher« kränken. Buße heißt daher immer auch Umkehr zu Gott - Bitte, Gebet um seinen Beistand in den unlösbaren Fragen und Problemen.
Buß- und Bettag 2005: Was könnte wichtiger und notwendiger sein gerade heute als solche Umkehr, solche Bitte und solches Vertrauen!

Artikel vom 16.11.2005