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Menschen auf der Reise

»Mitfahrer« - Stimmungsbild deutscher Befindlichkeit


Sommer auf der Autobahn: Stau, Enge, ein Kommen und Gehen an den Raststätten. Bei den langen Fahrten schälen sich in Nicolai Albrechts Road Movie »Mitfahrer« die Charakterzüge der Reisenden komprimiert durch die unumgehbare räumliche Nähe aus der Langeweile. Da prallen oft Welten aufeinander, die man im Gegenüber so gar nicht vermutet hätte. Das Ganze gewinnt einen besonderen Reiz, wenn man die anderen Insassen im Auto nicht kennt, wie es bei Mitfahrzentralen üblich ist. Vorsicht: Mitfahrer!
An einem hochsommerlichen Freitagnachmittag holt Bademodenvertreter Peter (Ulrich Mattes) seine beiden Mitfahrer Carolin (Anna Brüggemann) und Hilal (Michael Ojake) von der Mitfahrzentrale in Köln ab. Ziel ist Berlin, und Peter ist froh, auf der langen Fahrt Unterhaltung zu haben. Und dann ist Carolin auch noch jung und hübsch, da könnte ja etwas mehr drin sein. Der Schwarze Hilal ist ohnehin wenig kommunikativ. Zur selben Zeit startet Katharina (Jana Thies) mit ihrem etwas älteren Fahrzeugmodell und den Mitfahrern Sylvester (Ivan Shvedoff) und Fabian (Michael Wiesner) von Kassel aus in Richtung Hauptstadt. Der jugendliche Fabian will für ein Wochenende durch die Clubs und Partys ziehen, während Katharina zu ihrem Freund Christoph (Nicolas Wackerbarth) fährt, mit dem nicht alles so rosig ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Genervt sind beide vom ununterbrochenen Mitteilungsdrang des zwielichtigen Sylvester, der es extrem eilig hat, weil dringende dubiose Geschäfte warten. Auf einem Rasthof kommt die nervlich ziemlich aufgeriebene Loubelle (Ingrid Sattes) mit ihrer vorlauten Tochter Rosa (Marie-Terese Katt) ins Spiel. Eigentlich nimmt sie aus Prinzip keine Anhalter mit, und gerade im Moment ist der Stress mit dem eigenen Mann groß genug, um sich nicht noch weitere Komplikationen mit einem Fremden einhandeln zu müssen. Dennoch verstößt sie gegen die selbst gesetzte Regel.
In seinem ersten Spielfilm gelingt es Nicolai Albrecht durch seine verschiedenen Charaktere, ein treffendes Stimmungsbild deutscher Befindlichkeit zu zeichnen.Jeder ist unterwegs, auf der Suche nach einer Station, an der Halt zu machen sich lohnt.

Artikel vom 17.11.2005