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Als Bielefeld noch ein Dorf war

Katasterkarte von 1827 ist jetzt als Neuauflage erhältlich

Bielefeld (MiS). 1827 war Bielefeld fast noch ein Dorf. Die Industrialisierung war allenfalls zu erahnen. Aus jenem Jahr stammt die »Classifications-Übersichtskarte« des Geometers Iansinck. Die Karte ist die jüngste in der Reihe der Neuauflagen, die das städtische Vermessungs- und Katasteramt anbietet. Sie kann dort (Neues Rathaus) sowie in der moBiel-Sevicestelle Jahnplatztunnel und im moBiel-Haus am Niederwall zum Preis von 7,50 Euro erworben werden.

Michael Mertins ist Sachbearbeiter im Geodatenmanagement des Amtes und hat die Karte in den Archivschränken der städtischen Einrichtung entdeckt. Der preußische Katasterbeamte Iansinck zeichnete das damalige Bielefeld detailgenau mit Tusche im Maßstab 1:10 000 auf Karton und kolorierte sein Werk. Es zeigt das bekannte Hufeisen und die Feldmark, die im Westen bis zum heutigen Polizeipräsidium reichte, im Norden bis zum Nordpark und im Osten bis zur Ziegelstraße. Im Süden schließt die Karte mit dem Johannisberg und der Promenade ab. Bielefelds Wahrzeichen, die Sparrenburg, zählte damals noch gar nicht zum Stadtgebiet. Sie lag auf dem Gebiet des Amtes Brackwede.
Wer die Karte als Reprint erwirbt, erhält ein ausführliches Informationsblatt, in dem Mertins auch auf die Situation im Bielefeld des Jahres 1827 eingeht. 5700 Menschen lebten damals im Hufeisen, das noch von einer Stadtmauer umschlossen war. Weitere 2000 Bielefelder waren in der Feldmark zu Hause. Anfang des 19. Jahrhunderts war die Feldmark, die Fläche der heutigen Kernstadt »privatisiert« worden.
»Es wurden neun Katasterbezirke gebildet«, erläutert Mertins. Dazu gehörten Bielefeld, Johannisberg, Stadtfeld, Mölmann, Stadtheide, Stadtholz, Pottenau, Niedermühle und Schneider. In Rot hat Iansick auf seiner Karte die jeweilige Bodenqualität vermerkt. Mertins: »Danach richteten sich die Abgaben, die zu leisten waren.« Ausgewiesen ist auch der »Fabrickengarten«, das erste zarte Pflänzchen der Industrialisierung auf der Fläche des heutigen Carl-Severing-Berufskollegs. Das Areal wurde als Bleiche für Leinen genutzt. Gearbeitet wurde nach einem holländischen Verfahren. Noch heute erinnern Namen wie »Bleich-« und »Holländische Straße« an diese Ursprünge. Auf dem Areal entstanden auch eine Damastmanufaktur und eine Seifensiederei.
In Verbindung mit dem Reprint bietet das Vermessungs- und Katasteramt einen besonderen Service. Beim Online-Kartendienst kann das alte Kartenbild mit einer aktuellen Stadtkarte zusammengeschaltet werden. So lassen sich am Bildschirm Vergangenheit und Gegenwart miteinander vergleichen. Die Karte ist über die Homepage der Stadt, die Rubrik »Daten & Fakten« und das dortige Untermenü »Geschichte« zu erreichen.
www.bielefeld.de

Artikel vom 16.11.2005