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Lego-Technik statt
Puppenstube

FH-Tagung zu Frauen und Technik

Bielefeld (sas). Technik und Naturwissenschaften kommen in der Erziehung kleiner Mädchen kaum vor: Eher wird ihnen die Barbiepuppe als ein Physik-Baukasten unter den Weihnachtsbaum gelegt. Und auch in den Zeitschriften für heranwachsende Teens und Twens geht es eher um Mode, Frisuren und Pferde als um Motoren, Drachenbau und Computer. »Da werden die Weichen früh gestellt«, meint Prof. Dr. Hildegard Schumacher-Grub vom Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Fachhochschule Bielefeld.

Dabei geht es auch anders. »Frauen gestalten Naturwissenschaft und Technik. Chancen für Hochschulen und Unternehmen in OWL« hieß eine Veranstaltung, die gestern in der Fachhochschule stattgefunden hat. 80 Teilnehmer - Vertreter aus Unternehmen, Hochschulangehörige und Studentinnen - diskutierten, wie weibliche Talente zu gewinnen seien, welche Karriereaussichten sie hätten und welche Ansprüche die Unternehmen stellen.
»Es sind vor allem so genannte soziologische Faktoren, die Frauen von einem technischen Studium abhalten«, meint Schumacher-Grub. Technik käme in der Erziehung von Mädchen kaum vor - wenn sie nicht gerade engagierte Väter oder interessierte Mütter hätten -, es gebe kaum Vorbilder, der naturwissenschaftliche Unterricht an Schulen sei selten prickelnd und an den Hochschulen dominierten die Männer. »Mädchen wählen eindeutig häufiger technische Fächer, wenn sie in einer reinen Mädchengruppe lernen. Sie haben dann mehr Erfolg und trauen sich auch mehr zu.«
Nicht gering, bedauert die Professorin, sei auch die Abbrecherquote bei den Studentinnen der technischen Fachbereiche. »Um die zu senken, haben wir Unternehmenspatenschaften für Studentinnen der ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge an der FH etabliert«, erklärt sie. Vor zwei Jahren wurde es gestartet, die Ingenieurinnen von morgen erhalten in Unternehmen der Region - 60 sind dabei - Einblicke in das Berufsleben, erfahren, welche Fähigkeiten von ihnen erwartet werden, sie werden betreut und haben einen leichteren Einstieg in die Praxis.
Ihre männlichen Kommilitonen, gesteht Hildegard Schumacher-Grub etwas zögernd, seinen darob zuweilen beleidigt. Aber angesichts eines Ungleichgewichts beim späteren beruflichen Erfolg findet sie die Förderung der Studentinnen angemessen. »Nur ein gutes Drittel der weiblichen Absolventen der Ingenieurwissenschaften bekommen nach dem Studium eine Stelle. Bei den Männern sind es 75 Prozent der Absolventen.« Rundum »betüdelt« werden die jungen Damen ohnehin nicht: Sie müssen sich bei dem Unternehmen, das sie interessiert, bewerben - »und manche muss dabei ganz schön kämpfen«. Aber es gelte eben, alle Hürden zu nehmen, damit die Ingenieurinnen von morgen gestärkt daraus hervorgehen.
Nach den ersten Erfahrungen mit dem Projekt der Unternehmenspatenschaften sieht sich Schumacher-Grub bestätigt: Etwa 90 Prozent der beteiligten Frauen erhielten nach ihrer Diplomarbeit einen Job. Und der Erfolg hat sich offenbar herumgesprochen: »Mittlerweile haben wir die ersten Immatrikulationen von Frauen aus dem ganzen Bundesgebiet, die wegen dieses Projektes an der FH Bielefeld studieren.«

Artikel vom 18.11.2005