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Alle für einen, einer für alle

Viertes Kulturgespräch zum Thema »Freundeskreise der Kultur«

Bielefeld (uj). »Ein Freund, ein guter Freund . . .« sangen einst die Comedian Harmonists ein Loblied auf die Freundschaft. Um Freundeskreise der Kultur ging es beim vierten Bielefelder Kulturgespräch, zu dem das Kulturamt der Stadt und der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI (Bund Deutscher Ingenieure) eingeladen hatten.

Die Kulturgespräche dienen als »Forum für den kulturpolitischen und kulturwirtschaftlichen Diskurs«, heißt es in der Einladung. Vor dem Hintergrund kommunaler Sparzwänge diskutierten Dr. Jürgen Zech (Vorstandsvorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft), Dr. Florian Böllhoff (Unternehmensberater und vielfältig engagierter Bielefelder Kulturförderer), Rouven Schöll (Projektmanager der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz) und Stephan Balzer (Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises der Schaubühne am Lehniner Platz und Sprecher des Arbeitskreises Freundeskreise der Kultur beim Forum Zukunft Berlin) über die zunehmende Bedeutung privater Kulturförderer und Mäzene. Einigkeit herrschte in der von Arnd Richter (WDR) moderierten Talkrunde darüber, dass der Erhalt der in Deutschland einzigartigen Kulturlandschaft und Dichte nur durch das gemeinsame Engagement von Bürgern, Politikern und Kulturschaffenden zu realisieren sei.
Thematisiert wurde unter anderem das Problem der Überalterung von Kulturförderkreisen und die damit verbundene Kluft zwischen den Interessen zumeist jüngerer Künstler und älterer Förderer. Um kreative Ideen zwischen Freundeskreis und Theaterleuten anzustoßen, sei der Vorstand des Freundeskreises der Schaubühne am Lehniner Platz komplett verjüngt worden, so Stephan Balzer, der mit 39 Jahren als Repräsentant für eine jüngere Generation von Kulturfreunden steht. Balzer betonte: »Vereinsmeierei ist extrem uncool.« Um ein jüngeres Publikum anzusprechen, müssten Inhalte her. Ähnlich geht Rouven Schöll bei seiner Akquise vor. »Menschen wollen sich nicht mehr binden. Wir gewinnen ihr Interesse über Projekte, die bei Treffen in lockerem Rahmen besprochen werden«, so der Kulturmanager.
Eine zusätzliche Beschaffung von Geldmitteln für die Kultur dürfe, so betonte Schöll, indes nicht dazu führen, dass sich die öffentliche Hand zurückziehe. Generell dürfe eine Haushaltssanierung nicht über den Kunst- und Kulturetat erfolgen. Jürgen Zech sprach in diesem Zusammenhang von einem Balanceakt und forderte mehr bürgerschaftliches Engagement, ohne dass Kommunen sich aus der Verantwortung stehlen. An die Kulturschaffenden ging die Forderung, dass sie mit den Mitteln wirtschaftlicher umgehen. Es gebe, abhängig von Standort und Situation, durchaus Rationalisierungspotenzial, so Zech, der gleichzeitig auch auf den wirtschaftlichen Nutzen eines aktiven und qualifizierten Kulturlebens aufmerksam machte. »Wir brauchen die Leuchttürme als Anziehungspunkt für qualifizierte Mitarbeiter der Wirtschaft.«

Artikel vom 16.11.2005