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Strafverfahren
gegen 1100 Ärzte

Korruptionsfälle weiten sich aus

Von Ernst-Wilhelm Pape
München (WB). In einem der bisher größten Korruptionsverdachtsfälle im Gesundheitswesen hat die Staatsanwaltschaft München bundesweit bereits Strafverfahren gegen 1100 Ärzte eingeleitet.

Bei dieser Zahl handele es sich 18 Monate nach den ersten Ermittlungen um einen Zwischenstand, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Anton Winkler. Es sei absehbar, dass sich die Zahl der Strafverfahren noch erhöhen werde. Das Korruptionsverfahren werde noch bis Mitte 2006 andauern. Dann würden die Verfahren an die zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet.
Den beschuldigten Ärzten werde vorgeworfen, Vorteile der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb (BMS), wie Bargeld, Geschenke, die Finanzierung von Privatveranstaltungen sowie die Übernahme von Weihnachtsfeier-Kosten, genossen zu haben. Als Gegenleistung sollten Produkte der Pharmafirma eingekauft werden. BMS zählt zu den größten Pharmaunternehmen der Welt. Die BMS-Zentrale in München war im Mai 2004 durchsucht worden.
In einem weiteren Korruptionsfall im Gesundheitswesen ermittelt die Staatsanwaltschaft München bundesweit gegen 200 Klinikärzte. Der international tätige japanische Pharmakonzern Fujisawa soll von 1998 bis 2003 in Deutschland leitende Klinikärzte bestochen haben.
In einem dritten Korruptionsfall hat die Staatsanwaltschaft Darmstadt nach drei Jahren Ermittlungen bereits 350 Strafverfahren gegen Gefäßchirurgen an die zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet. In weiteren 150 bis 180 Verfahren werde dem Verdacht der Bestechlichkeit noch nachgegangen, sagte Staatsanwalt Ger Neuber. Bundesweit seien mehr als 500 Klinikärzte in den Verdacht geraten, Bestechungsgelder vom Medizin-Unternehmen Intervascular in Bensheim (Südhessen) erhalten zu haben. Die Gesamtsumme liege im Millionenbereich. Die Mediziner sollen auf Kosten der Firma Kongresse besucht, teure Reisen gemacht und sich in Spitzenhotels eingemietet haben. Auch Golfnachmittage seien bezahlt worden und Geldsummen von bis zu 20 000 Euro geflossen. Das »Luxus-Sponsoring« habe dazu gedient, eigene Produkte zu verkaufen.

Artikel vom 16.11.2005