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Wieder Tankstelle in
Baumheide überfallen

Ex-Kasache: Nur Straftaten und Drogenkonsum

Bielefeld-Baumheide (uko). Wieder einmal war die Aral-Tankstelle in Baumheide Ziel eines Überfalls: Am 30. Dezember 2004 suchte erneut ein maskierter Unbekannter die Geschäftsräume heim. Seit Dienstag steht der gebürtige Kasache Jurij F. vor dem Landgericht, er hat insgesamt drei Raubüberfälle zugegeben.

Der 30-jährige Mann kam erst im Jahr 2001 nach Deutschland. Er belegte zwar einen Deutschkurs und bekam auch postwendend die deutsche Staatsbürgerschaft, eine Integration des Mannes ist bisher allerdings nur notdürftig gelungen: Die Deutschkenntnisse lassen sehr zu wünschen übrig. Jurij F. zog es vor, sich vornehmlich mit Wodka oder Drogen vollzupumpen.
Außerdem sorgte er in knapp vier Jahren für ein atemberaubendes Auffüllen seines Strafregisters. Im April 2002 wurde er bei einem Diebstahl und einer Sachbeschädigung erwischt, es folgte eine einjährige Bewährungsstrafe. Ebenfalls wegen Diebstahls gab es im August 2003 acht Monate Haft vom Amtsgericht Paderborn. Das Amtsgericht Lemgo verurteilte ihn im April 2004 zu einer Geldstrafe wegen Ladendiebstahls. Das Amtsgericht Bielefeld legte im Mai des vergangenen Jahres zehn Monate Haft nach - wiederum wegen Diebstahls. Aus der Haft wurde Jurij F. entlassen, weil er eine Therapie wegen seiner Drogenabhängigkeit antreten sollte. F. kam nie in der Anstalt an, er erlitt einen Rückfall. Stattdessen griffen ihn Polizeibeamte am 14. Dezember 2004 in Bielefeld auf. F. wurde lediglich erkennungsdienstlich behandelt, dann durfte er wieder gehen.
Als Jurij F. schließlich am 23. Januar nach einer Schlägerei festgenommen wurde, waren zwischenzeitlich Ermittlungen gegen ihn wegen dreier Verbrechen aufgenommen worden: Am 29. Dezember 2004 war er mit einer Papiertüte maskiert in eine Tankstelle in Bad Salzuflen eingedrungen und hatte sich mit einem gesplitterten Flaschenhals bewaffnet. Er schrie »Geld, Geld, Geld« und erbeute insgesamt 500 Euro.
Nur einen Tag später folgte der Raubüberfall auf die Aral-Tankstelle an der Herforder Straße, die schon mehr als zehnmal das Ziel von bewaffneten Tätern war. Jurij F. hatte sich erneut eine Papiertüte mit Sehschlitzen übergezogen und stellte einen Kasten Bier zwischen die automatischen Glastüren, um seine Flucht zu sichern. Er erbeutete 549 Euro, wollte fliehen, wurde jedoch von einem Kunden festgehalten. Jurij F. konnte sich losreißen und verließ die Tankstelle.
Schließlich überfiel er am 11. Januar in einer Unterführung am Neumarkt einen Passanten und nahm ihm die Geldbörse mit Papieren und 150 Euro Bargeld ab. - Jurij F. gab gestern alle Taten mehr oder weniger zu. Der dritte Überfall wurde daraufhin eingestellt.
Recht problematisch gestaltete sich dann jedoch die Erörterung des Gutachtens zur Schuldfähigkeit des Angeklagten. Der Paderborner Sachverständige Horst Sanner mochte dem Mann trotz recht eindeutiger Hinweise auf Drogensucht und massiver Ausfallerscheinungen noch nicht einmal die eingeschränkte Schuldfähigkeit attestieren. Nach intensiver Befragung durch Verteidiger Detlev Binder vollzog Sanner indes letztlich eine Kehrtwendung und meinte, ausschließen könne er nun »nichts mehr«.
Binder schloß daraus, daß auch das Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit annehmen werde. Anderenfalls will der Rechtsanwalt am kommenden Verhandlungstag einen Beweisantrag mit dem Ziel stellen, einen anderen Gutachter zu bestellen.

Artikel vom 16.11.2005