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Wer einmal einen Statistik-Schein erwerben musste, kennt sicherlich »den Mayer« oder »den Diekmann« und die Anmerkung: »Musste lesen!«
Wie wahr: Horst Mayer und Andreas Diekmann widmen sich wahlweise der beschreibenden Statistik und der empirischen Sozialforschung inklusive Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Wie falsch: Verfügt der Leser über keinen angeborenen Zugang zu diesem Thema, wird ihm der Inhalt, vorsichtig ausgedrückt, abstrakt vorkommen. Walter Krämer dagegen sieht sein Werk als Gebrauchsanweisung. Es hält, was es im Titel verspricht: »Statistik verstehen«.
»Mittelwerte haben Sex-Appeal«, zieht der Autor psychologische Erkenntnisse heran, um zu beweisen, dass Median und arithmetisches Mittel eben nicht nur Langeweile und Bürostaub ausatmen. Schließlich finden die meisten Menschen Gesichter dann am attraktivsten, wenn deren Maße wie Nasenlänge, Augenabstand und Nasenwinkel möglichst gleich dem Durchschnitt aller Nasen, Augen und Köpfe sind. Das sagt noch nicht aus, wie man den Median und seine Freunde ausrechnet, ist aber immerhin nett zu lesen.
Die 226 Seiten können getrost vorm Schlafengehen und in einem Zug abgehakt werden. Der Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik vermittelt Wissen. Und bemüht sich, auch von der Studienordnung gezwungene zu begeistern. Er erklärt uns den Preisindex nach Laspeyres, zählt auf, was in den Warenkorb gehört und unternimmt einen Exkurs zu Korrelation und Kausalität. Nicht nur angenehm fürs Auge sind dabei zig Fotos und klare Schaubilder. Bei Mayer und Diekmann taucht nicht ein menschliches (Lebens-)Zeichen auf.
Bei aller Begeisterung darf man aber nicht vergessen: Nur mit Walter Krämer gelingt auch keine Statistik-Klausur... (LL)

Artikel vom 06.12.2005