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 n Die Mitbewohnerin...


...wäscht ab

»Hier sieht es aus wie Sau. In der Küche stapelt sich das Geschirr, und was riecht hier so?« sagt Anne, meine Mitbewohnerin. »Siehst du das eigentlich nicht?« Nein, ich sehe es wirklich nicht. Der Grund: Die dreckigen Töpfe habe ich ineinander und in die Spüle gestellt. Wütend geht Anne in ihr Zimmer und hört Musik. Nur drei Minuten, dann hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sich jemand gestört fühlen könnte.
Damit ist Schluss. Ich bin ausgezogen. Das letzte, was Mecker-Anne von mir sieht, sind zwei Hacken und eine Staubwolke. Mein neuer Mitbewohner heißt Fred. Der hat die gleiche Einstellung wie ich. Jetzt sitzen wir jeden Tag zusammen und freuen uns, dass niemand uns zum Aufräumen zwingen will. Aber irgendwann muss auch in der liberalsten WG aufgeräumt werden. Da ich die Neue bin, habe ich das übernommen. Nach drei Wochen. Erst den Abwasch. Dann das WC. Wo ich gerade dabei bin, kann ich auch die Fenster putzen. Erstaunlich, wir haben sogar einen Balkon! Ich bin wie im Wahn, im Putzwahn.
Fred kommt nach Hause: »Was riecht denn hier so komisch?« Er verschwindet in seinem Zimmer, macht laut Musik an. Ein schrecklicher Verdacht. Meine Theorie stimmt: Einer will es sauber, dem anderen ist es egal. Dann kommt mir ein noch viel schlimmerer Verdacht: Bin ich bald die Mecker-Anne in unserer WG? Ich brauche dringend eine neue Wohnung.Laura-Lena Förster

Artikel vom 06.12.2005