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»Zentrale Reformen fehlen«: Thomas Niehoff.

Industrie vermisst
den Durchbruch

IHK und Handwerk zur Koalition

Bielefeld (WB). Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) vermisst in der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD klare Signale für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland.

»Was man befürchten musste, ist nun eingetreten«, so IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff gestern. »Zentrale Reformen am Arbeitsmarkt fehlen, die große Koalition erhöht die Steuern und verschiebt dringend notwenige Weichenstellungen bei den sozialen Sicherungssystemen und der Unternehmensbesteuerung auf später«, bemängelte Niehoff.
Oberstes Ziel müsse es sein, mehr neue Arbeitsplätze zu schaffen. »Allerdings fällt die Senkung der Lohnnebenkosten dafür eindeutig zu niedrig aus«. Die angekündigte Absenkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werde durch die Belastung bei der Mehrwertsteuer und die Anhebung der Rentenbeiträge aufgezehrt. Weder beim Kündigungsschutz noch bei betrieblichen Bündnissen für Arbeit sei ein Durchbruch erreicht worden.
Die drastische Mehrwertsteuererhöhung werde sich als Konsumbremse auswirken, da sie im Wesentlichen für die Haushaltssanierung verwendet werden soll und nur zum Teil für die Absenkung der Arbeitslosenbeiträge.
Positiv seien die Fortschritte in der Föderalismusreform und der Einstieg in die Rente mit 67. Der Reformbedarf in der Rentenversicherung sei damit jedoch noch nicht erledigt. Auch die Einrichtung eines Bürokratie-TÜVs gehe in die richtige Richtung. Um verlorenes Vertrauen in der Wirtschaft wieder zu gewinnen, komme es nun darauf an, dass die Koalition an Reformschwung zulegt.
Michael Heesing, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe, sieht mit dem Koalitionsvertrag den lähmenden politischen Stillstand in Deutschland beendet. Er begrüßte gestern die Absicht der künftigen Bundesregierung, gerade auch im Handwerk neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Die Zusage einer großen Steuerreform 2008 sei eine wichtige Zielperspektive und Selbstverpflichtung der Regierungsparteien. Das Handwerk erwarte davon ein gerechtes, transparentes Steuersystem, das vor allem auch Personenunternehmen entlastet.
Kritik äußerte der Kammervertreter jedoch an der angekündigten Anhebung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte ab 2007. »Es ist zu befürchten, dass die Mehrwertsteuererhöhung der Schwarzarbeit einen zusätzlichen Schub geben wird«, sagte Heesing.

Artikel vom 15.11.2005