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Blutige Spuren im Dunkeln
F.E.A.R.: Nervenkitzel und Effekte-Feuerwerk für Erwachsene mit starken Nerven
Horror findet auf Zelluloid wie auf Papier sein Publikum, das Prickeln von Gänsehaut ist nicht nur in der Geisterbahn willkommen: »F.E.A.R.« jagt dem Spieler vor dem Computerbildschirm einen Schaudern nach dem anderen über den Rücken - und sorgt mit seiner Grafikpracht für Staunen. »F.E.A.R.« stammt vom US-Studio Monolith Productions, das unter anderem die legendäre »No One Lives Forever«-Serie hervorgebracht hat. Vom schrägen Humor dieser Shooter ist allerdings nicht zu spüren: Das Spiel ist perfekt auf den Massenmarkt zugeschnitten.
Alarm im Labor-Komplex: Terroristen scheinen das hoch geheime Gebäude gekapert zu haben. Die Regierung entsendet ein Sondereinsatz-Kommando, doch dann durchdringt ein seltsames Funksignal den Äther und kappt den Kontakt. Letzte Bilder der Überwachungskamera zeigen ein Bild des Grauens: Das Team wurde aufgerieben.
Als Mitglied der Eliteeinheit »First Encounter Assault and Recon« (F.E.A.R.) ist der Spieler ein Hightech-Krieger, ausgestattet mit überlegenen Reflexen und leistungsfähigen Waffen. Schon bald steht er maskierten Kämpfern gegenüber. »F.E.A.R.« kombiniert spektakuläre Action mit blankem Entsetzen. Schockeffekte sorgen für einen permanenten Adrenalinschub. Rasante Kamerafahrten und Spezialeffekte auf Kinoniveau begeistern die Cineasten unter den Action-Fans.
Durch neueste Grafik- und Simulationstechnologie wirkt die Umgebung sehr real. Viele Objekte im Raum reagieren auf Beschuss: Fassaden explodieren, Gläser bersten, Funken sprühen, Maschinen qualmen. Wenn Geschosse in der Wand einschlagen, steht der Spieler unversehens in »Staubschwaden«. Die mehrfach preisgekrönte Havok-2-Technik simuliert das Verhalten von Splittern und Körpern physikalisch korrekt. Manchmal ist Monolith allerdings über das Ziel hinausgeschossen: Wenn eine Ratte über den Boden huscht und dabei scheppernd Fässer umstößt, schreit die Physik-Engine nach etwa mehr Feineinstellung.
Die Grafikpracht (dank spektakulärer DirectX 9-Grafiktechnologie mit Per-Pixel-Lighting, Shadow Volumes, Normal Mapping und Shader-Nutzung) hat ihren Preis: Erst Rechner mit mehr als drei Gigahertz Leistung und Grafikkarten der neuesten Generation zeigen alle Effekte in höchster Auflösung.
Die Umgebung - Laboratorien, Industriebrachen und Fabrikanlagen werden stimmungsvoll in Szene gesetzt; leider wiederholen sich Räumlichkeiten, so dass Deja-vu-Erlebnisse in der Art »hier war ich doch schon 'mal« an der Tagesordnung sind und orientierungsschwache Spieler gelegentlich im Kreis laufen.
Die Computergegner können mit ihrer ausgereiften künstlichen Intelligenz überzeugen. Gegner stürzen Tische um und gehen dahinter in Deckung, sie formieren sich und geben sich gegenseitig Feuerschutz. Allerdings gibt es nur wenige Gegnertypen: Neben Wachen und Soldaten (sowie schwer gepanzerten Varianten und getarnten Nahkämpfern) eine Art fliegende Roboterdrohne. Auch das eigene Waffenrepertoire ist »Hausmannskost«. Effektiv, aber seit Matrix und Max Payne Standard: der »Zeitlupeneffekt« mit dem der Spieler für einige Sekunden den Ablauf des Geschehens extrem verlangsamen kann.
Mehr noch als die Technik ist es die atemberaubend spannend erzählte Geschichte, die F.E.A.R. zum Tipp für alle erwachsenen (USK 18!) Ego-Shooter-Fans macht und den bisherigen Primus »Doom III« alt aussehen lassen. Die Anweisungen des Einsatzleiters führen den Spieler durch die Level. Auf Laptops- und Anrufbeantwortern findet man Informationsschnipsel, die Licht ins Dunkel der Story um einen übersinnlich begabten Kommandanten eines ganzen Bataillons von Supersoldaten bringen. Aber wer ist das kleine Mädchen, dass immer wieder in alptraumartigen Zwischensequenzen den Weg des Protagonisten kreuzt und blutige Fußspuren hinterlässt? Was verbindet des Helden mit dem Mädchen und dem blutrünstigen Widersacher? Nach einer Achterbahnfahrt durch die Abgründe der Angst werden alle Fragen beantwortet. Wer F.E.A.R. im Dunkeln mit aufgedrehter Anlage spielt, sollte zuvor seinen Hausarzt konsultieren - Risiken und Nebenwirkungen sind nicht ausgeschlossen.Thomas Lunk

Artikel vom 25.11.2005