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Laute Töne
in der Kabine

Rapolder »weckt« seine Kölner auf

Von Klaus Lükewille
Köln (WB). Uwe Rapolder bevorzugt eigentlich lieber die etwas leisere Tonart. Aber wenn es sein muss, dann kann dieser Fußball-Lehrer auch laut werden. Sehr laut sogar. In der Halbzeitpause der Partie gegen FC Schalke 04 war es soweit.

Da wackelten zwar nicht die Kabinenwände, aber die Ansage kam in erheblich gesteigerter Phonstärke: »So nicht, meine Herren. So geht das nicht weiter. So dürfen wir uns hier nicht noch einmal 45 Minuten präsentieren.«
Torwart Stefan Wessels bestätigte die Standpauke: »Rapolder hat eine deftige Ansprache gehalten.« Allen dröhnten die Ohren - und sie hatten verstanden. Denn nach dem Wechsel, da spielte Köln wie »ausgewechselt«. Den lauten Worten ihres Chefs ließen die Profis Taten folgen. Mit viel Energie ging es zurück in das RheinEnergie-Stadion. Der Endstand: 2:2.
»Ich brülle nicht so gern in der Kabine herum, aber diesmal musste es sein«, stellte Rapolder fest, der die erste Hälfte als »völlig inakzeptabel« bezeichnete: »Dafür muss ich mich bei den Zuschauern entschuldigen.« Die unterstützten aber sofort wieder ihre Elf, als Roland Benschneider gleich nach der Pause die Schalker Führung ausgeglichen hatte. Dann legte der neue »Joker« Denis Epstein sogar das 2:1 nach - und Köln wähnte sich auf der Siegerstraße.
»Wenn der Mokhtari in der 69. Minute nicht so eigensinnig gewesen wäre, dann hätten wir die drei Punkte behalten«, ärgerte sich Rapolder. Es war eine Schlüsselszene: Youssef Mokhtari übersah bei einem Konter die frei stehenden Kollegen Lukas Podolski und Matthias Scherz. Im aktuellen »Geißbock-Echo« war der Marokkaner noch der Titelheld und verriet: »Ich brauche ein Tor.« Vielleicht hatte er nur daran gedacht - und alles falsch gemacht.
Sein Trainer war jedenfalls richtig sauer und kündigte eine Strafarbeit an: »Der Mokhtari muss jetzt einen Aufsatz schreiben: Was verstehe ich unter Teamgeist?« Ein paar Minuten später zog Rapolder die schriftliche Abmahnung aber grinsend wieder zurück: »Das war doch nur ein Späßle.«
Seine Mannschaft hatte ihm vor der Pause gar keine Freude gemacht, dafür war die Genugtuung nachher umso größer. Diese Wende nach dem Wechsel lässt auf bessere Spiele hoffen. Nur das Endergebnis drückte die Stimmung: »Wir waren dem Sieg doch schon so nahe. Es tut sehr, sehr weh, dass wir im Endspurt noch zwei Zähler verloren haben«, bilanzierte Rapolder, der dann aber sofort nach vorn blickte und forderte: »Wir brauchen unbedingt mal wieder einen Dreier.«
Nur zur Erinnerung: Den letzten Sieg (2:1 gegen Borussia Mönchen- gladbach) feierte der 1. FC Köln am 17. September. Verdammt lang her. Wie auch der Tribünengast Wolfgang Niedecken, Sänger der Gruppe »BAP«, feststellen musste und sich dabei an einen seiner alten Hits erinnert fühlte.
Schwere Zeiten. Und die nächsten Spiele werden nicht leichter. Denn 2006 hat Köln nur noch ein Heimspiel (gegen Bremen), aber gleich drei Auswärtsaufgaben. In Duisburg, in Hamburg und in Bielefeld. Doch Rapolder bleibt Optimist: »Meine Mannschaft hat gegen Schalke nach der Pause so gespielt, wie ich es mir vorstelle.«
Und in dieser Auswahl stand erstmals von Anfang an ein Ex-Armine: Benschneider bekam vom Trainer ein Extra-Lob: »Es freut mich für den Roland. Der hatte hier zuletzt keine gute Zeit. Seine Leistung war ordentlich, mit dem Tor hat er sich zusätzlich noch belohnt. So ist er eine Alternative.« Und Benschneider, schon ausgemustert und am Rhein in die Regionalliga abgetaucht, er sieht in Köln wieder eine Perspektive: »Ich habe nie aufgegeben und immer an meine Chance geglaubt.«

Artikel vom 21.11.2005