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Keine Hilfe für Henke

Kaiserslautern lässt Trainer im Stich - auch Jäggi geht

Kaiserslautern (dpa). Aufbruchstimmung in Nürnberg, Chaos in Kaiserslautern. Während Hans Meyer mit dem 3:1 -Sieg des 1. FC Nürnberg beim 1. FC Kaiserslautern ein glänzendes Comeback gelang, ging die Amtszeit seines Trainerkollegen Michael Henke am Betzenberg nach nur fünf Monaten zu Ende.
»Das ist heute ein tragischer Tag mit gigantischen Auswirkungen«, sagte FCK-Boss René C. Jäggi (56), als er den am Vormittag mit dem Aufsichtsrat im Fall einer Niederlage abgestimmten Rauswurf für Henke bekannt gab. Seinen anschließend verkündeten und schon länger überdachten Rücktritt, der durch Anfeindungen durch die früheren FCK-Profis Mario Basler und Hans-Günther Neues (»Jäggi muss weg«) forciert wurde, betrachtete Jäggi quasi als eine Frage der Ehre. »Ich bin kein Sesselkleber und übernehme als Präsident des Vereins die volle Verantwortung. Ich habe mich bis zuletzt immer vor den Trainer gestellt«, sagte Jäggi.
Zusammen mit dem Aufsichtsrat habe man das »Szenario für den worst case« durchgesprochen. »Wir haben mit der Mannschaft Tacheles geredet und sie hatte die Gelegenheit, auch für ihren Trainer zu spielen. Leider hat das nicht geklappt«, meinte Jäggi, der Henke sofort nach dem Spiel vom Vollzug des Abgesprochenen informiert haben wollte. Doch der geschasste Trainer tat zuerst noch so, als habe er die Entscheidung ignoriert. »Ich mache weiter. Wir hatten zwar schon einige Rückschläge, aber das ist die krasseste Situation, die wir erleben. Dazu passt, dass wir durch einen Sonntagsschuss und einen abgefälschten Schuss zwei Mal in Rückstand geraten sind«, sagte der aus Büren bei Paderborn stammende ehemalige Hitzfeld-Assistent.
Jäggi, der in seiner dreijährigen Amtszeit mit Erik Gerets, Kurt Jara und Henke drei Trainer installierte und wieder feuerte, sah mit einem Schuss Mitleid einen »gebrochenen Trainer Henke«. Ihn und sich selbst habe er aus der Schusslinie einer »Schlammschlacht und Treibjagd« genommen. »Ich habe den Weg freigemacht für neue Gesichter und neue Strukturen«, sagte der als Sanierer an den Betzenberg geholte Schweizer. Sportlich gescheitert, hat Jäggi den pfälzischen Traditionsclub zumindest wirtschaftlich auf stabilere Beine gestellt. Aber auch nach seinem selbst gewählten Machtverlust will Jäggi noch nicht ganz loslassen und seinem noch zu bestimmenden Nachfolger beratend zur Seite stehen, »weil mir der Verein am Herzen liegt«.
Als Interimsgespann wurden Torwart-Trainer Gerald Ehrmann und Physiotherapeut Kay Friedmann bestellt. Auf dem Kandidaten-Karussell der Trainer nahmen mit dem in Nürnberg entlassenen Wolfgang Wolf, dem arbeitslosen Klaus Toppmöller und Bruno Labbadia (SV Darmstadt) drei Ex-FCK-Profis Platz.
Ein Hilfsangebot kam von Ciriaco Sforza: »Ich bin bereit, ab morgen alles dafür zu geben, damit der FCK da unten wieder rauskommt«, sagte der am 18. Oktober wegen seiner Kritik an der sportlichen Leitung suspendierte Schweizer im DSF. Zugleich stellte er klar, dass er aber nicht Trainer werden will. Dies gilt auch für Basler, der sich jedoch als Berater anbot.

Artikel vom 21.11.2005