14.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Spiel mit vielen
Unbekannten

Thriller um Mutter-Sohn-Beziehung

ZDF, 20.15 Uhr: Clara Feldhof lebt mit ihrem 17-jährigen Sohn Julian in einem einsamen Haus vor grandioser Ostsee-Kulisse. Doch die Idylle trügt.

Für den jungen Julian ist das Haus Zuflucht und Gefängnis zugleich. Vor Jahren hat er den Mord an seinem Vater mit ansehen müssen. Seither kann er das Grundstück nicht mehr verlassen, leidet unter Ängsten. Clara und ihr Sohn, dargestellt von Barbara Auer und Marco Bretscher-Coschignano, haben sich in dieser Situation eingerichtet - doch schon bald ist es vorbei mit dem labilen Gleichgewicht im Psychothriller »Der Mörder meines Vaters«.
Eines Tages taucht ein Fremder auf. Er schleicht um das Haus (übrigens ein ehemaliges DDR-Kinderheim auf Rügen) und scheint die Familie zu beobachten. Dieses Mal ist Julian ganz sicher: Das ist der Mann, der seinen Vater umgebracht hat. Und er kommt zurück, um auch die Zeugen umzubringen.
Doch jener Mann namens Philip Koch, gespielt von Herbert Knaup, entpuppt sich als ganz normaler Architekt, der Interesse an dem Grundstück hat, um die Ferienhaussiedlung zu erweitern. Was Julian überhaupt nicht passt: Seine Mutter findet Gefallen an Koch.
Ein herkömmlicher Thriller würde nun versuchen, die 90 Minuten bis zum Showdown mit der Entlarvung des Mörders zu füllen. Doch die Geschichte verläuft anders: Denn plötzlich ist es der Eindringling, der auf Mördersuche geht. Koch findet heraus, dass Clara von ihrem Mann misshandelt worden war. Nun fällt der Verdacht auf die Mutter. Doch auch das sei es nicht, verraten die Mainzelmänner - und drehen an der Spannungsschraube: Die Wahrheit hinter diesem Verbrechen sei erschreckender, als sich der Zuschauer hätte vorher ausmalen können...
Regisseur Urs Egger bezeichnet seinen Thriller als »film noir«. »Fast jede der Figuren hat eine eigene Agenda, die unter der Oberfläche das Spiel mitbestimmt. Sie alle bringen ein Geheimnis mit und schaffen es immer wieder, die Tätersuche des Zuschauers in Frage zu stellen, ihn aufs Glatteis zu führen.« Geradezu kammerspielartig geht es dabei zu: Wenige Figuren jagen den Zuschauer an wenigen Orten von einer Unsicherheit in die nächste.
»Jede Mutter muss bei aller Liebe die Kinder loslassen können«, sagt Hauptdarstellerin Barbara Auer (46), selbst Mutter - »natürlich jeweils dem Alter entsprechend.« Clara aber lasse nicht los. Natürlich, weil sie ihren Sohn schützen will und weil sie niemand anderen hat. Und deshalb akzeptiert sie auch, dass Julian nicht in der Lage ist, wie jeder andere Jugendliche seines Alters unterwegs zu sein.«

Artikel vom 14.11.2005