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»Stadtsäckel aus Zwiebelleder«

Brackweder Narren stürmen Rathaus und eröffnen »fünfte« Jahreszeit

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). Punkt 11.11 Uhr war es am Freitagmorgen soweit: Die Jecken des Brackweder Karneval-Vereins (BKV) eroberten das Brackweder Rathaus wieder mal im Sturm. Eine Tradition, die 14 Jahre zurückreicht. Besucher des Bezirksamtes staunten nicht schlecht, als sie im Foyer mit einem dreimaligen kräftigen »Brackwede Helau« begrüßt wurden.

Den Riesen-Schlüssel allerdings mochte Brackwedes ungekrönter König, Bezirksvorsteher Siegfried Kienitz, dem amtierenden Prinzenpaar Rosemary I. Aufdemkampe und Tobias I. Flöthmann nicht so ganz freiwillig übergeben. »Die haben den ja schon im vergangenen Jahr bekommen, weil die Proklamation damals vor dem Rathaussturm stattfand«, sagte Kienitz. Stattdessen überreichte er der Prinzessin einen kleinen »goldenen« Schlüssel. »Den könnt Ihr Euch übers Bett nageln«, scherzte der Kommunalpolitiker.
Den eigentlich für diesen Zweck vorgesehenen Rathausschlüssel brachte Kienitz am Abend zur Prinzenproklamation in das Brackweder Gymnasium mit, vertraute ihn dem neu gekürten Prinzenpaar Prinz Richard Rotkopf und Prinzessin Steffi Strothmann (dem singenden Funkenmariechen) an.
Letztlich aber war Kienitz froh, die Macht im Rathaus für eine Weile abzugeben. »Der Stadtsäckel ist aus Zwiebelleder, da kommen die Tränen, wenn man hineinschaut. Von mir aus könnt Ihr bis Aschermittwoch regieren«, rief er den fröhlichen Karnevalisten zu. Und die ließen sich das nicht zweimal sagen, besetzten mit einem Teil des Elferrates und vielen, vielen Gästen das Verwaltungsgebäude. »Als Zwitter fällt mir die Übergabe natürlich schwer«, spielte Kienitz auf seine Doppelrolle als Ehrenpräsident des BKV und als Bezirksvorsteher an. »Den Bürgern bin ich so oder so verpflichtet.«
Majestäten gaben sich die Klinke in die Hand, wollten sich vom närrischen Treiben und dem Beginn der fünften Jahreszeit vor Ort überzeugen. Dabei war die amtierende Bierkaiserin des Senner Schützenvereins, Gabi Westerheide, das Senner Exkönigspaar Egon und Elisabeth Hellweg, die Senner Schützenkönigin Elisabeth Wehmeier. Letztere hatte an diesem Tag Geburtstag, ebenso wie Kienitz-Tochter Petra Langer. Die Karnevalisten gratulierten mit einem munteren »Happy Birthday« und »Brackwede Helau«.
»Das müsst Ihr aber noch ein wenig üben«, schmunzelte André Erpenbach. Der 26-Jährige ist ein »echter Kölsche Jung«, studiert seit vier Jahren Jura in Bielefeld.

Artikel vom 12.11.2005