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Fall Tewes: Neun Jahre
Haft wegen Totschlags

Indizien reichen aus - Revision angekündigt


Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Zwölf Jahre nach dem grausamen Verbrechen an der Paderborner Sozialpädagogin Elisabeth Tewes (41) ist der mutmaßliche Täter am Freitag wegen Totschlags zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Nach einem sechstägigen Indizienprozess »ist«, so Richter Bernd Emminghaus, »die Schwurgerichtskammer überzeugt, dass der Angeklagte die Tat begangen hat«.
Elisabeth Tewes, Jugendamtsleiterin bei der Stadt Warstein, war am späten Abend des 10. Oktober 1993 auf einem Feldweg bei Lichtenau im Kreis Paderborn geschlagen, gewürgt und anschließend mit ihrem eigenen Auto überfahren worden. Am Tatort stellte die Polizei ein Butterflymesser sicher, wie es der Angeklagte Rainer H. (33) einmal besessen hat, und auf dem Parka des Opfers befanden sich zwei Blutspritzer, die zweifelsfrei von ihm stammen. Weitere Spuren gibt es nicht. Diese beiden Indizien reichten dem Gericht aber für einen Schuldspruch. Zumal dem wegen mehrerer Raub- und Sexualdelikte vielfach vorbestraften Angeklagten »eine solche Tat nicht wesensfremd« sei, sagte der Richter. Ein Motiv habe nicht eindeutig festgestellt werden können. »Wir bewegen uns ein wenig im Rahmen der Spekulation«, räumte Emminghaus ein.
Rainer H. hatte während des gesamten Prozesses geschwiegen. Erst in seinem Schlusswort beteuerte der Vater von zwei Kindern: »Ich habe die Tat nicht begangen«. Während der Urteilsbegründung schüttelte er immer wieder verzweifelt und fassungslos den Kopf.
Sein Verteidiger Andreas Carl hatte nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz »im Zweifel für den Angeklagten« Freispruch gefordert. Er kritisierte die seiner Ansicht nach einseitige Beweiswürdigung und kündigte Revision an.

Artikel vom 12.11.2005