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Mithilfe des Doppelballon-Enteroskops kann Dr. Dietmar Meessen gezielt den Dünndarm von innen untersuchen. Petra Wozniak, Leiterin der Endoskopieabteilung, zeigt eine Darstellung des Darms.Foto: Meistes

Wie eine Raupe durch den Darm

Mathilden-Hospital: Technik erleichtert Untersuchung des Verdauungsorgans

Kreis Herford (ram). Blutungen oder andere Beschwerden, die vom Dünndarm herrühren, waren in der Vergangenheit nicht leicht zu untersuchen. Von allen Darmabschnitten ist der Dünndarm der bei weitem am schwersten einsehbare. Mithilfe einer neuen Technik sind die Ärzte am Mathilden-Hospital jetzt in der Lage, das Verdauungsorgan von innen gezielt zu untersuchen und zugleich behandeln zu können. Dr. Dietmar Meessen, Chefarzt der Medizinischen Klinik, stellte die innovative Technik Freitag vor.

Bislang wurden etwa 60 bis 70 Patienten im Jahr mit der so genannten Kapsel-Endoskopie untersucht. Dabei verschluckt der Patient eine Kapsel mit einer Mini-Kamera, die den Blick in den Dünndarm ermöglicht. »Die Kapsel ist jedoch nicht steuerbar, wenn wir nicht auf den ersten Blick erkennen, an welchen Stellen eine Erkrankung vorliegt, können wir in dem Darmabschnitt den Vorgang nicht anhalten, um genau hinzuschauen«, beschreibt Dr. Meessen Nachteile der Kapsel-Endoskopie. Auch konnten mit dem bisherigen Verfahren keine Gewebeproben entnommen oder therapeutische Maßnahmen vorgenommen werden. Bei krankhaften Veränderungen wurde dem Patienten unter Vollnarkose die Bauchhöhle aufgeschnitten, um den gesamten Dünndarm zu inspizieren und zu behandeln.
Das ist mit dem Doppelballon-Enteroskop mit seinem 8,5 Millimeter dicken und 2 Meter langem Endoskop nun nicht mehr nötig. Ermöglicht wird dies durch eine intelligente »Fädeltechnik«, die mit zwei aufblasbaren Ballons arbeitet. Dank dieser Doppelballons bewegt sich das Endoskop im Dünndarm wie eine Raupe vorwärts. Das Endoskop, das frei beweglich in einem schlauchartigen Übertubus (Tubus bedeutet das linsenfassende Rohr) steckt, wird zunächst über den Rachen, Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm in den Dünndarm eingeführt. Im Dünndarm wird dann der erste Ballon, der am Übertubus sitzt, aufgeblasen. Durch das Auf- und Abblasen der beiden Ballons kann das Gerät im Darm fortbewegt werden. Dabei kann der Dünndarm in Abschnitten von maximal 40 Zentimetern untersucht werden. Vier Meter Dünndarm können so untersucht und auf dem 1,40 Meter langen Übertubus zusammengeschoben werden. Die gesamte Untersuchung dauert etwa 70 Minuten.
»Interessant ist das Verfahren unter anderem bei unklaren Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt«, erläutert Dr. Meessen. Bei etwa 70 Prozent der Patienten mit chronischen Blutungen könne mit der Doppelballon-Enteroskopie ein krankhafter Befund erhoben werden. Der Chefarzt der Medizinischen Klinik wird in den kommenden Wochen auch die Oberärzte Dr. Detlev Scholz und Dr. Friedhelm Kleimann mit der neuen Technik vertraut machen, so dass bis Jahresende drei Internisten das neue Verfahren anwenden können.
Noch ein Vorteil für die Patienten: Da es für die neue Untersuchungstechnik bislang noch keine spezielle Abrechnungsziffer gibt, entstehen noch keine zusätzliche Kosten für die Patienten.

Artikel vom 14.11.2005