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Dunkle Geschäfte bei Hella

Mitarbeiter verschieben Autoteile im Millionenwert

Von Hubertus Hartmann
Lippstadt (WB). Beim Lippstädter Automobil-Zulieferer Hella haben Polizei und Staatsanwaltschaft Paderborn eine regelrechte Diebesbanden- und Hehler-Subkultur zerschlagen. Deren Mitglieder sollen Autoteile im Wert von mindestens 1,5 Millionen Euro gestohlen und weiterverkauft haben.

»Wir haben allein Diebesgut im Wert von gut einer Million Euro sichergestellt und ermitteln zurzeit gegen 15 Beschuldigte, sechs sitzen bereits in Untersuchungshaft«, bestätigte gestern Oberstaatsanwalt Günter Krüssmann. Im Werk habe es mehrere Gruppierungen gegeben, die sich zwar untereinander kannten aber unabhängig von einander gearbeitet hätten. »Das war perfekt organisierte, bandenmäßige Kriminalität.«
Als Kopf der »Autoteile-Mafia« gilt ein 33-jähriger Staplerfahrer aus Lippstadt. Als nach langwierigen verdeckten Ermittlungen ein mobiles Einsatzkommando der Polizei (MEK) zugriff, versuchte Alexander B. noch zu fliehen. Er rammte mit seinem Auto einen Streifenwagen, konnte aber gestoppt werden. Sein engster Vertrauter soll Vorarbeiter Dieter P. (48) gewesen sein. In ihren und in den Wohnungen anderer Bandenmitglieder habe man jede Menge Kabelbäume und Xenon-Scheinwerfer gefunden, berichtet Krüssmann.
Die Beute sei größtenteils in osteuropäische Länder geschafft oder über Ebay im Internet verkauft worden. Einen bereits beladenen Lkw aus der Ukraine habe man bei der Polizeiaktion ebenfalls noch abfangen und den Fahrer festnehmen können.
Diebesgut im Wert von 230 000 Euro fanden die Beamten zudem im Kofferraum eines Audi A6. Die Polizei hatte den vor einem Café geparkten Wagen abschleppen lassen. Als der Besitzer und ein Komplize das Auto bei der Polizei als gestohlen meldeten, klickten die Handschellen.
»Wir wollten möglichst viele Wertgegenstände sicherstellen«, erläutert Krüssmann. Als wichtigster Informant und Kronzeuge diente den Ermittlern ein bereits im Oktober zu einem Jahr auf Bewährung verurteilter Hella-Mitarbeiter, der Teile im Wert von 60 000 Euro gestohlen hatte.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind allerdings noch lange nicht abgeschlossen. »Wir sehen nicht einmal Licht am Ende des Tunnels«, sagte Günter Krüssmann. Er vermutet etliche weitere Beteiligte in Russland, Lettland und der Ukraine. Wieviele Mitglieder die Bande insgesamt hatte, »können wir noch nicht überblicken.« Einige Beschuldigte seien geständig, andere schwiegen zu den Vorwürfen.
Hella gilt mit einem Umsatz von mehr als drei Millarden Euro als weltweit zweitgrößter Autoleuchten-Hersteller. Der Konzern beschäftigt 23 000 Mitarbeiter. Davon arbeiten 6800 in Lippstadt und weitere 1300 in Paderborn.

Artikel vom 11.11.2005