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Die Wurzeln nie vergessen

Ökumenische Gedenkstunde zum Volkstrauertag auf dem Sennefriedhof

Von Stefanie Westing
Senne (WB). Nie die Wurzeln zu vergessen, nie zu vergessen, woher der Mensch kommt und wohin er geht - das forderte Brunhilde Wiedemann, Vorsitzende der Kreisvereinigung der ostdeutschen Landsmannschaften, Heimatgruppen und Ortsverbände im Bund der Vertriebenen in Bielefeld, gestern aus Anlass des Volkstrauertages. Zu einer ökumenischen Andacht hatten sich zahlreiche Gedenkende am Nachmittag am Vertriebenen-Mahnmal auf dem Sennefriedhof versammelt.

»Auch 60 Jahre nach Kriegsende spüren wir immer noch die Schatten der Vergangenheit, die uns nicht vergessen lassen, was damals geschah«, sagte Wiedemann. »So ist es tröstlich, mit unserer Trauer nicht allein zu sein. Wir gedenken unserer Lieben, die in der Ferne ihre letzte Ruhe gefunden haben, aber deren Gräber, wenn es welche gibt, für uns unerreichbar sind.«
Nicht für alle Menschen sei es selbstverständlich, ihrer Toten in Frieden gedenken zu können, erklärte die Vorsitzende der Kreisvereinigung. »Der Krieg ist 60 Jahre vorbei, und in Deutschland herrscht Frieden. Aber leider nicht auf der gesamten Welt. Immer noch gibt es Flucht, Vertreibung und Krieg - wir haben mit dem Thema zum Tag der Heimat, ÝVertreibung weltweit ächtenÜ, auf das Unrecht hingewiesen.«
Früher wurden zwei nach Konfessionen getrennte Gedenkstunden abgehalten, an Allerheiligen und an Totensonntag. »Der Volkstrauertag gibt uns die Möglichkeit, gemeinsam eine Gedenkandacht für die Verstorbenen abzuhalten. Konfessionen sollten heute nicht mehr trennen, sondern im 21. Jahrhundert verbinden«, betonte Wiedemann. Sie freute sich, dass der katholische Pfarrer i.R. Hans-Anton Gehrmann, früher in St. Meinolf tätig, und sein evangelischer Kollege Joachim von Falck, ebenfalls Pfarrer i.R., die Andacht gestalteten und dass der Bläserkreis der Neustädter Mariengemeinde unter Leitung von Horst Zimmerling für die musikalische Umrahmung sorgte.
Gehrmann rief den Patriarchen Jakob in Erinnerung, der mit den Worten »Gott war mein Hirte, mein Lebtag bis heute« sein Leben zusammenfasste. Auch Jakob habe in kritischen Situationen nicht nur gebetet, sondern habe Zweifel und Ängste verspürt. Doch am Ende sei er zu der Einsicht gekommen, dass an entscheidenden Punkten jemand seine Hand über ihn hielt. »Wenn auch Sie zu der Erkenntnis kommen, dass Sie am Ende trotz aller Krisen und Dunkelheit rückblickend sagen können, der Herr sei Ihr Hirte, dann sollten Sie dieses Glaubenstestament auch an Ihre Kinder und Enkelkinder weitergeben«, wandte sich Gehrmann direkt an die Versammelten.
Joachim von Falck sprach von der Sinnlosigkeit des Krieges, die an einem Tag wie dem Volkstrauertag erneut zu Bewusstsein gelange. »Wir haben den Wunsch und die Hoffnung, dass nie wieder Krieg sein möge. Wir sind dankbar, dass in unserer Region seit 60 Jahren Frieden herrscht - wann hat es das zuletzt in Deutschland gegeben? Wir sind dankbar, dass die junge Generation, die Enkel der Kriegsteilnehmer, ein Zeichen der Versöhnung setzt.« Antworten auf die Frage, warum alles so habe kommen müssen, seien auf Erden nicht zu finden. Aber eine Antwort sei von dem zu erwarten, der das Schicksal der Lebenden und Toten in Händen halte.
(Lesen Sie den Bericht zur zentralen Gedenkstunde der Stadt Bielefeld auf den Bielefelder Lokalseiten.)

Artikel vom 14.11.2005