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Kaum eine Spur von Bauerngenen

Neue Studie belegt: Europäer stammen von Jägern und Sammlern ab

Frankfurt (dpa). Die heutigen Mitteleuropäer stammen einer Erbgut-Analyse zufolge größtenteils von altsteinzeitlichen Jägern und Sammlern ab.

Der genetische Einfluss von Bauern aus dem Mittleren Osten, die vor gut 7500 Jahren die Landwirtschaft in Europa etablierten, ist wesentlich geringer als bisher angenommen. Das berichten Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und Estland im Wissenschaftsmagazin »Science«.
Die Autoren sehen die These bestätigt, dass die Mitteleuropäer größtenteils Nachkömmlinge von Jägern und Sammlern sind, die vor etwa 40 000 Jahren nach Europa kamen. »Wir hatte ehrlich gesagt etwas ganz anderes erwartet«, sagte der Anthropologe Joachim Burger von der Uni Mainz. Die Studie, an der auch Forscher des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz beteiligt waren, wurde gestern in Frankfurt vorgestellt.
Die Wissenschaftler analysierten 24 Skelette jungsteinzeitlicher Bauern von 16 Fundorten in Deutschland, Österreich und Ungarn. In sechs Fällen wurden in dem aus Knochen und Zähnen gewonnenen Gen-Material Bereiche gefunden, »die in modernen europäischen Bevölkerungen extrem selten sind«. Der Genetiker Peter Forster von der Universität Cambridge erläuterte: »In der weltweiten Datenbank mit 35 000 modernen DNA-Linien weisen weniger als 50 Europäer heutzutage diesen alten Bauern-DNA-Typ auf.«
Aus den Ergebnissen schlossen die Forscher, dass kleine Pioniergruppen die Landwirtschaft in einige Regionen Europas brachten, diese Menschen aber später von den im Umfeld angesiedelten Jägern und Sammlern wieder verdrängt wurden. Die frühen Bauern hatten somit zwar die Landwirtschaft, aber kaum eine genetische Spur in der Bevölkerung hinterlassen. »Das war eine Überraschung«, sagte Burger. Er habe erwartet, dass die Gene der frühen europäischen Bauern eher denen der heutigen Europäer entsprechen würden. Die Landwirtschaft wurde vor etwa 12000 Jahren im »fruchtbaren Halbmond« des Nahen Ostens entwickelt.

Artikel vom 11.11.2005