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Eine Injektionsmaschine und Wasser-Bindemittel

»Gute Beweislage« gegen Geflügelfleisch-Verarbeiter

Von Wolfgang Schäffer
Oldenburg/Düsseldorf (WB). Bei den Ermittlungen gegen den Geschäftsführer zweier Geflügelverarbeitungs-betriebe im Kreis Cloppenburg geht die Staatsanwaltschaft von »einer guten Beweislage« aus.

»Wir sind ziemlich sicher, dass mit einer speziellen Injektionsmaschine Wasser und ein Wasserbindemittel in das Fleisch gespritzt wurden«, ist Staatsanwalt Bernard Südbeck überzeugt, genug Indizien für diesen Betrugsvorwurf zusammengetragen zu haben. »Vor allem die enormen Verbrauchs-Mengen des ziemlich teuren Pulvers zum Binden des Wassers im Fleisch lassen den Schluss zu, dass hier kräftig manipuliert wurde.« Seiner Ansicht nach konnte so das Gewicht des Putenbrust-Fleisches um bis zu 30 Prozent erhöht werden. Südbeck vermutet, dass mehrere Tonnen der so »aufgewerteten« Putenbrust in den Handel gekommen sind. »Das auf diese Weise aufgespritzte Fleisch ist aber auf keinen Fall verkehrsfähig, sprich, darf nicht verkauft werden.« unterstreicht der Ermittler aus Oldenburg nachdrücklich.
Dem an den Standorten Lastrup und Lindern beheimateten Geflügelverarbeitungs-Betrieb wirft die Justiz auch vor, verdorbenes Hähnchen- und Putenfleisch ausgeliefert zu haben. »In den beiden Niederlassungen haben wir insgesamt 68 Proben aus dem beschlagnahmten Fleisch entnommen. 24 davon waren allein schon aufgrund des Sicht- und Geruchstests als eindeutig verdorben zu bewerten.« Bei zwölf weiteren sei die Beschaffenheit des Fleisches unklar. Der Rest ist nach dem ersten Augenschein eher unauffällig«, fasst Südbeck im Gespräch mit dieser Zeitung den Ermittlungsstand zusammen. Endgültige Gewissheit sollen nun weitere mikrobiologische Analysen bringen.
Die hat es unterdessen in Nordrhein-Westfalen bereits in einigen Fällen gegeben. Betriebe in mehreren Städten waren von dem niedersächsischen Betrieb beliefert und deshalb von der Lebensmittelüberwachung kontrolliert worden. Vorsorglich wurden die Chargen aus dem Kreis Cloppenburg beschlagnahmt und untersucht. Das staatliche Veterinäramt in Arnsberg entdeckte bei Fleischproben eines Großbetriebes zur Döner-Herstellung in Hagen eine Belastung von 100 Millionen Keimen pro Gramm. »Schon bei einer Million Keime sieht man der Ware an, dass sie verdorben ist«, betont der Chef der Behörde, dass nach den Analysen feststeht, dass dieses Fleisch ungenießbar sei.
Gestern nun gab es auch aus Krefeld den Hinweis, drei bei einem Fleischweiterverarbeitungsbetrieb in Solingen gezogene Proben seien als »verdorben« einzustufen.
In all diesen Fällen kommt die Ware aus einem der beiden Betriebe im Kreis Cloppenburg. Das Unternehmen steht im Verdacht, tiefgefrorenes Geflügelfleisch unsachgemäß aufgetaut und als Frischfleisch verkauft zu haben. Von den Abnehmern beanstandetes und zurückgeschicktes Fleisch soll eingefroren und später wieder als Frischfleisch verkauft worden sein.
Versäumnisse der Lebensmittelüberwachung indessen sieht Staatsanwalt Südbeck nicht. »Eingefrorenes Fleisch riecht nicht schlecht und zeigt auch keine auffälligen Veränderungen. Es gibt keine Anhaltspunkte für ein Überwachungsverschulden.«

Artikel vom 11.11.2005