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»Die Dänen denken schräger als wir«

Theesener Juniorentrainer Wolfgang Klee und Stavros Labidis hospitierten bei Brøndby IF

Bielefeld (WB/jm). Nicht selten sind es gerade im Fußball launige Thekengespräche, die vielversprechende Ideen gebären. So geschehen beim 32. Internationalen B-Juniorenturnier des VfL Theesen, als Brøndby IF-Coach John Ranum zu fortgeschrittener Stunde den Satz fallen ließ: »Besucht uns doch mal und guckt, wie wir so arbeiten«. Kürzlich setzten B-Juniorentrainer Stavros Labidis und C-Juniorencoach Wolfgang Klee die Offerte in die Tat um und hospitierten vier Tage lang an der Køgebucht beim bekanntesten dänischen Fußballverein.

Um es vorweg zu nehmen: Es war eine beeindruckende »Bildungsreise« in den kleinen Kopenhagener Vorort und »sehr, sehr nett«. Kurioserweise begrüßte Brøndby Idrætsforening zum ersten Mal überhaupt Trainer aus dem deutschen Nachbarland als »Kiebitze« - und räumte gleich mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf. Fälschlicherweise wird Brøndby IF hierzulande oft als Brøndby Kopenhagen bezeichnet. Dem ist, und darauf legen sie gesteigerten Wert, nicht so!
Klees fachmännisches Urteil nach vier kurzweiligen Tagen: »Das war einfach sensationell. Die Dänen denken schräger als wir. Das ist einfach klasse. Von denen können wir viel lernen«. Stavros Labidis, auch schon mal in Schottland in Sachen Fußball unterwegs, fand insbesondere die dänische Lockerheit »unglaublich faszinierend«. Als gravierender Unterschied in der täglichen Arbeit fiel auf, dass sämtliche Mannschaften von den Senioren bis zur Jugend, oftmals altersübergreifend dazu, auf kleinen Flächen trainieren.
»Die benötigen nur ein Viertel des Platzes. Das Spiel wird so immer enger, es gibt viele Ballkontakte«, erzählt Klee, der staunte, wie eintönig der Übungsabend teils verlief. »Ganz anders als bei uns. Wir bemühen uns ja immer um bunte Trainingsformen. Dafür wurde dort stets mit hoher Intensität gearbeitet«.
Das Theesener Duo wohnte bei John Ranum, dem Mann mit der höchsten Trainerlizenz im Verein. »Der beste Trainer, mit dem ich je über Fußball philosophiert habe«, schwärmt Stavros Labidis, der das erhaltene Echo interpretierte als »Bestätigung, dass ich vieles richtig mache«. Selbst die Spitzentrainer Michael Laudrup und John Jensen sind sich nicht zu schade, Ranums Rat einzuholen.
Das Motto des Vorzeigeklubs, 2005 bei seiner Premiere in Theesen Fünfter des Pfingst-Spektakels, lautet: Supra Societatem Nemo; auf deutsch: Niemand steht überhalb der Gemeinschaft. Nach genau dieser Philosophie wird beim zehnmaligen Landesmeister, seit 1987 börsennotiert, auch gearbeitet. Aber, wie gesagt: locker. Anders als bei hiesigen Bundesligisten werde »kein Jugendlicher fallengelassen«. So kam es, dass Daniel Agger ein Nationalspieler werden konnte, obgleich er bei den Gelb-Blauen »nur« in der B-Juniorenreserve verteidigte.
Brøndby sieht die Jugend als sein Kapital an und investiert zukunftsorientiert in eine intensive Nachwuchsförderung. Kein Wunder, dass der Verein regelmäßig in mehreren Altersklassen die nationalen Jugendmeister stellt. Seit dem 1. März gibt es unter dem Namen Brøndby Gymnasium ein Sportinternat für bis zu 300 Jugendliche. Brøndby IF fiebert dem Jahr 2007 entgegen: Dann soll das neue 15 000 Fans fassende Høje Taastrup Stadion, eine überdachte Mehrzweckarena mit angeschlossenen Konferenz- und Veranstaltungszentrum, eröffnet werden.
Für Stavros Labidis und Wolfgang Klee steht morgen, Samstag, am Wellensieker Rottmannshof eine angenehme Pflichtaufgabe an: Ihre Mannschaften messen sich im Kreispokalfinale jeweils mit dem VfB Fichte. Den Anfang machen um 14 Uhr die C-Junioren, ab 16 Uhr folgen die B-Junioren.
Hier schickt der VfL Theesen sich an, den TuS 08 Senne I als Cupgewinner abzulösen. Labidis weiß um die Favoritenbürde und nimmt sie an. »Wir sind in der Landesligatabelle weit vor dem Gegner und wollen gewinnen«. Obgleich der ein oder andere zum Einsatz kommen soll, der noch nicht so viele Spielanteile hatte.
Kollege Pablo Chartomatsidis freut sich, dass die Partie auf Kunstrasen stattfindet. »Das ist ein Vorteil für uns. Wir sind keine Rasenmannschaft«. Als besonderer Motivationsanreiz für den VfB Fichte, die Theesener zu ärgern, kann das Ergebnis aus der Meisterschaft herhalten. Das Ortsderby endete vor kurzem mit 8:1 für den VfL. Chartomatsidis lässt sich überraschen: »Das ist ein ganz neues Spiel. Nach zwei schlechten Wochen ist bei meiner Truppe alles möglich«.
Bei den C-Junioren sehen die Vorzeichen andersherum aus: Wolfgang Klee bezeichnet den VfB Fichte als Favoriten. »Wir haben in der Meisterschaft mit 2:4 verloren«. Allerdings sei sein Team zu dem Zeitpunkt durch Ausfälle deutlich geschwächt gewesen. »Meine Mannschaft hat sich inzwischen sehr gut weiterentwic-kelt. Das wird eine enge Kiste«.

Artikel vom 11.11.2005