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»Hotels zu einem Garten für die
Feinde der Religion gemacht«

Bei Anschlägen auf drei Luxusherbergen in Amman sterben 59 Menschen

Amman (dpa). Die Terrorgruppe El Kaida im Irak hat gestern die Urheberschaft für Anschläge auf drei Luxushotels in Jordanien mit mindestens 59 Toten beansprucht.
Jordanische Armeeangehörige in der zerstörten Empfangshalle des Radisson Hotels in Amman.

Das geht aus einer im Internet veröffentlichten Botschaft im Namen der Gruppe hervor, die bisher im Irak operierte und von dem Jordanier Abu Mussab al-Sarkawi angeführt wird. Darin heißt es, König Abdullah II. sei ein Verräter, der diese Hotels zu einem »Garten für die Feinde der Religion« und zu einem Versteck für feindliche Geheimdienste gemacht habe. Gestern wurden in Jordanien mehrere Verdächtige festgenommen. Die Anschläge lösten weltweit Entsetzen aus. Die Nachbarstaaten Irak, Syrien, Ägypten, Israel und der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia verurteilten sie in scharfer Form.
Am Mittwochabend waren drei Sprengsätze in den Fünf-Sterne-Hotels Radisson SAS, Grand Hyatt und Days Inn in Amman explodiert. Nach offiziellen Angaben rissen drei mutmaßliche Selbstmordattentäter 56 Menschen mit in den Tod, mehr als 100 seien verletzt worden. Die Behörden gingen davon aus, dass die Zahl der Toten weiter steigen wird.
Unter den Toten sind auch vier einflussreiche Palästinenser, darunter der Chef des Militärgeheimdienstes im Westjordanland, Baschir Nafeh. Die meisten Opfer sind Jordanier und Iraker, jedoch waren auch Touristen betroffen. Unter den Verletzten befinden sich auch vier deutsche Urlauber - drei ältere Frauen, ein Mann - und eine Schweizerin.
Lange kämpfte al-Sarkawi dafür, die Monarchie in seiner Heimat zu stürzen und einen islamischen Staat zu errichten. 1996 wurde er in Jordanien zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, kam durch eine Begnadigung zum Amtsantritt von König Abdullah drei Jahre später wieder frei. Die USA haben auf Al-Sarkawi, der aus der Nähe von Amman stammt, ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt.
Viele Geschäfte, Schulen und Büros blieben geschlossen - die fassungslose Bevölkerung bereitete sich auf die Beerdigung der Toten vor. Den Angaben nach waren die Bomben im Radisson und Hyatt in Räumen detoniert, wo Hochzeitsfeiern stattfanden. Zeugen zufolge befanden sich im Radisson-Saal zum Unglückszeitpunkt 250 Menschen, im Hyatt sollen es etwas weniger gewesen sein. »Ich hatte gerade mit Freunden im Restaurant nahe der Bar gegessen, als ich einen riesigen Feuerball zur Decke schießen sah - dann wurde alles schwarz«, sagte ein französischer UN-Diplomat. Der im Radisson feiernde Bräutigam überlebte das Attentat, verlor aber zehn Familienmitglieder, darunter seinen Vater.
Zahlreiche ausländische Staats- und Regierungschefs kondolierten, darunter US-Präsident George W. Bush, Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Jordanien gilt als einer der engsten US-Verbündeten in der Region und unterstützte die USA im Irak-Krieg. Zudem ist es eines von zwei arabischen Ländern, die Friedensabkommen mit Israel geschlossen haben.

Artikel vom 11.11.2005