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»Literatur-Päpstin? So
ein Totalschwachsinn!«

Elke Heidenreich bringt ein Volk wieder zum Lesen


Bielefeld (bp). »Ich bin ja nie gekämmt, außer im Fernsehen,« lacht Elke Heidenreich (62), als die beiden Stadtwerke-Geschäftsführer Wolfgang Brinkmann und Friedhelm Rieke vorsorglich fragen, ob sie sich noch zurecht machen möchte. Die Moderatorin, Kabarettistin und Bestsellerautorin, die mit ihrer ZDF-Sendung »Lesen!« ein Volk wieder genau dahin bringt, nämlich zum Lesen, war gestern Abend Gast beim Forum Zukunft der Stadtwerke mit 230 geladenen Gästen. Dass der Besuch ausgerechnet auf Brinkmanns 61. Geburtstag fiel, das sei Zufall, versicherte er, aber »ich freue mich trotzdem riesig«. Ihre Arbeit sei das Lesen, sagt Elke Heidenreich: »Und das tue ich von morgens bis abends. Wäre ich Gärtnerin, würde ich den ganzen Tag umgraben.« Sie reiste im Zug nach Bielefeld und hat während der Fahrt das »Börsenblatt des deutschen Buchhandels« und das Buch »After Dark« gelesen. Sie betont: »Wer liest, taucht weg.« Wie schön dieses Wegtauchen sein kann, davon möchte sie die ZDF-Zuschauer überzeugen, »ob in Bielefeld anderswo«.
Bielefeld ist ihr keineswegs fremd. Studiert habe sie mit Hansjörg Pfitzner (Kunstverein): »Der hat mir das Zigarrerauchen beigebracht. Aber das habe ich zum Glück wieder aufgegeben. . .« Dass sie inzwischen als »Literatur-Päpstin« tituliert werde, bezeichnet sie als »Schwachsinn, dummes Zeug«. Sie wolle nur ihre »Lust an Büchern weiter geben«. Die Bücher, die sie in ihrer Sendung vorstelle, suche sie sich aus Verlagskatalogen heraus: »Ich sitze zwei, drei Tage und studiere die Kataloge.« Dann lasse sie sich die Bücher, die sie näher kennen lernen wolle, zuschicken, »immer mit dem Zusatz, die Verlage sollen bloß nichts schicken, was ich nicht bestellt habe«.
Außerdem müsse man Beschränkungen machen, sagt sie, denn: »Sonst werde ich verrückt.« Darum lese sie keine Krimis. Aber natürlich habe sie Lieblingsbücher: »Das sind Bücher, die einen ein Leben lang begleiten wie alles von Heinrich von Kleist.«

Artikel vom 11.11.2005