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Steuern sparen mit
den Stadtwerken

Im Rathaus wird über Ergebnisabführungsvertrag verhandelt

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Die Rathaus-Kasse ist chronisch leer. Deshalb werden die Politiker beim Erschließen neuer Einnahmequellen immer einfallsreicher.

Der jüngste Vorstoß kommt von den Sozialdemokraten. Sie schlagen einen Ergebnisabführungsvertrag zwischen der ertragreichsten städtischen Beteiligung, den Stadtwerken, und der rathauseigenen Beteiligungsgesellschaft BBVG vor. Für die Stadt könnte dies eine jährliche Steuerentlastung in Millionenhöhe bedeuten.
Doch die dafür notwendigen Umfirmierungen stoßen in der Verwaltungsleitung, in der es eigene Überlegungen für solch einen Vertrag gibt, und auch bei den Christdemokraten auf Skepsis. Beide fürchten um den Einfluss der Stadt auf die Stadtwerke und deren Geschäftsführung.
Bei den Verhandlungen mit CDU, Grünen und Bürgergemeinschaft über gemeinsame Leitlinien für den Haushalt 2006 hatte die SPD vorgeschlagen, die jetzige BBVG in eine »Stadtwerke Holding GmbH« umzuwandeln. In die Holding eingebracht werden sollen auch die Stadtbahnanlagen, Tunnel und Schienenwege, die bisher stets im Besitz der Stadt und nicht der Stadtwerke oder ihrer Tochter, der Verkehrsgesellschaft »moBiel« waren.
Als »Dach« für die Stadtwerke-Holding soll eine »neue« BBVG gegründet werden. In sie sollen - wie bisher - auch die Stadthallen-Betriebsgesellschaft und Bielefeld Marketing einbezogen werden. Die Stadtwerke-Holding soll nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten eine eigene »Chefetage« erhalten. Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) und Joachim Berens, Leiter des Amtes für Finanzen im Rathaus, sollen »in bewährter Weise« ihre »bisherige Arbeit« als nebenamtliche Geschäftsführer der »neuen BBVG« fortsetzen. Bei dem Vorschlag ist nicht nur steuerrechtliches Kalkül im Spiel, sondern auch ein Stück Psychologie. Die Vorteile eines so gestalteten Ergebnisabführunsgvertrages könnten genutzt werden, die Stadtwerke blieben nach außen hin aber weiter Herr ihrer eigenen Bilanz.
Zurzeit wird hinter verschlossenen Türen über die mögliche Ausgestaltung eines solchen Vertrages verhandelt. Auch die Stadtwerke Bremen, die mit 49 Prozent an dem Bielefelder Versorgungsunternehmen beteiligt sind, müssten noch gehört werden.
Das ursprüngliche Ziel, noch in diesem Jahr zu einer Einigung zu kommen, wird wohl nicht mehr erreicht werden können. Der jährliche Geldsegen in Millionenhöhe wäre aber hoch willkommen. Schließlich fehlen der Stadt allein in diesem Jahr 59 Millionen Euro, bis 2010 wird sich das Defizit auf 400 Millionen summiert haben. Ehrgeizige Projekte wie das Schulbausanierungsprogramm müssen bereits gestreckt werden.

Artikel vom 10.11.2005