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Viele Lektionen und zwei WM-Sternstunden

Ein Blick zurück: Deutschlands Duelle gegen Frankreich

Von Klaus Lükewille
Paris (WB). Nicht jedes Mal große Klasse, aber immer ein Klassiker: das Fußball-Duell zwischen Deutschland und Frankreich. Die Partie Nummer 23 der alten Rivalen wird am heutigen Samstag um 21 Uhr in Pariser »Stade de France« angepfiffen.

Erst sieben Siege, fünf Unentschieden, aber schon zehn Niederlagen. Die Gesamtbilanz des DFB ist ziemlich schief und negativ. Das Torverhältnis dafür erstaunlicherweise aber positiv. Hier liegen die Deutschen mit 39:38 vorn.
Die lange, gemeinsame Fußball-Geschichte, die schon am 15. März 1931 mit einem 1:0-Sieg in Paris begann, sie bietet Erinnerungen an viele bittere französische Ball-Lektionen - und zwei weltmeisterliche Sternstunden. Sevilla 1982. Guadalajara 1986. Das waren Spiele, die unvergessen bleiben.
Die Franzosen feierten in Sevilla nach 99 Minuten schon den Endspiel-Einzug. 3:1 führten sie in der Verlängerung. Was sollte da noch passieren? »Ich dachte: Das Ding ist gelaufen, das schaukeln wir jetzt locker nach Hause«, gestand Michel Platini später. Irrtum, Herr Kapitän. Wieder einmal hatte eine Mannschaft, die sich schon auf der Siegerstraße wähnte, die wichtigste Qualität des Rivalen unterschätzt. Denn sie geben halt nicht auf, diese Deutschen. Nie.
3:3 nach 120 Minuten. Und jetzt begann der Thriller von Sevilla erst richtig, als das Elfmeter-Schießen die Entscheidung bringen musste. Horst Hrubesch verwandelte den finalen Strafstoß zum 5:4 und war schon vorher sicher: »Ich mach ihn rein.«
Toni Schumacher wurde zum »Helden«, weil er die Elfer-Duelle gegen Bossis und Six gewann. Aber Deutschlands Nummer 1 war in dieser langen Nacht auch der Buhmann. Seine Tätlichkeit gegen Battiston ahndete der Schiedsrichter nicht. Und Schumacher spottete später sogar noch: »Was? Der hat Zähne verloren? Dann kaufe ich ihm eben 'ne Jacket-Krone.«
Vier Jahre danach stand Schumacher wieder den Franzosen im Weg. WM-Halbfinale im mexikansichen Guadalajara. Platini führte erneut glänzend Regie, aber sie scheiterten noch einmal an diesem einfach »unschlagbaren« Torwart. Andreas Brehme und Rudi Völler setzten die Konter zum 2:0 - und Deutschland war im Endspiel.
Weltmeisterliche Zweikämpfe. Die Partie vor einem großen WM-Finale hatten die Nachbarn schon 1958 bestritten. Damals, in Göteborg, ging es im kleinen Endspiel »nur« um dritten Platz. Für Bundestrainer Sepp Herberger zählte dieser Rang nach dem Berner Triumph 1954 nicht mehr viel. Er schickte die zweite Garnitur auf den Rasen, die von Könnern wie Raymond Kopa und Just Fontaine mit 6:3 abgeschossen wurde.
Französische Lehrstunden, die gab es auch in den letzten 360 Minuten. 1:2, 0:1, 0:1 und 0:3. Freundschaftsspiele, in denen immer nur eine Elf dominierte. Der Dreierpack am 15. November 2003 in Gelsenkirchen war besonders hart. Damals zeichnete sich schon ab, wie die EM 2004 für den vorgeführten Verlierer enden könnte. Schnell, ganz schnell.
Jetzt steigt in Paris Duell Nummer 23. Der letzte Spiel 2005. Und ein WM-Test mit Blick auf 2006.

Artikel vom 12.11.2005