10.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sammers Knie ist
MRSA-geschädigt

Spezialisten fordern Vorbeugung

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Berlin (WB). Für Matthias Sammer ist das Thema MRSA tagtäglich aktuell. Der ehemalige Fußball-Nationalspieler und derzeitige Trainer in Wartestellung leidet seit einer entsprechenden Infektion nach einer Operation an einem instabilen Knie.
Der Ex-Trainer des VFB Stuttgart Matthias Sammer.

»Die MRSA-Erreger können jeden befallen. Ob alt oder jung, krank oder gesund, niemand ist dagegen gefeit.« Dr. Klaus Zastrow, Sprecher der deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, nennt den Sportler Sammer als Paradebeispiel dafür, wie gefährlich die Methicillin-resistenten Staphyloccus aureus (MRSA) sind. »Da kommt ein grundsätzlich gesunder Mensch in die Klinik, um sich einen Knorpel- oder auch Meniskusschaden am Knie beseitigen zu lassen. Doch nach dem an und für sich harmlosen Eingriff wird der Patient infiziert, und es kommt zu einer langwierigen Erkrankung.«
Um der MRSA-Problematik, von der jährlich wie gestern in dieser Zeitung berichtet, bis zu 800 000 Patienten betroffen sind und die etwa 50 000 Tote zur Folge hat, besser begegnen zu können, hat sich ein Team aus Spezialisten zusammengefunden, das die Präventionsstrategien zur Eindämmung von MRSA intensivieren soll. Zastrow, der Mitglied dieser »Task Force« ist, erklärt, dass der parallele Verlauf von steigendem Antibiotikaverbrauch und steigenden MRSA-Zahlen einen Zusammenhang vermuten lässt. Aus diesem Grund fordern die Experten, eine konsequente Umsetzung der Verschreibungsrichtlinien für einen gezielten Antibiotikaeinsatz nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch durch niedergelassene Ärzte. Es sei beispielsweise zu überlegen, zusätzliche Kontrollmechanismen einzuführen, um die Antibiotikaverordnungen zu dokumentieren.
Ebenso wichtig sei es, MRSA-Träger so schnell wie möglich zu identifizieren, um so eine wirksame Ausbruchs-Vorsorge zu ermöglichen. Da bei der Krankenhausaufnahme keine generelle MRSA-Eingangsuntersuchung vertretbar sei, müsse ein wirksames Barrieresystem krankenhaushygienischer Vorbeuge-Maßnahmen geschaffen werden, um eine rasche Ausbreitung in Kliniken zu verhindern. Dazu gehörten die peinlich genaue Einhaltung der Händedesinfektion und auch bauliche Maßnahmen wie eine ausreichende Zahl von Einzelzimmern in Risikobereichen. »Die Desinfektion im Umfeld ist die einzige Möglichkeit, in die Umgebung freigesetzte Krankheitserreger abzutöten und dadurch deren Weiterverbreitung zu unterbinden«, mahnt die Expertengruppe an.
Am Beispiel von Dänemark und den Niederlanden wird deutlich, wie wirksam solche Schutzmaßnahmen sind. Dort werden unter anderem alle Patienten und Mitarbeiter, die aus einer von MRSA betroffenen Klinik oder einem Alten- beziehungsweise Pflegeheim mit MRSA-Fällen kommen, generell auf diese Erreger untersucht. Zudem wurde eine stringente Antibiotika-Strategie eingeführt. In beiden Ländern konnten die MRSA-Raten auf unter ein Prozent gedrückt werden. In Deutschland liegt sie bei etwa 20 Prozent.
Auch bei der Kostenbelastung der Kliniken verweisen die Experten auf das Beispiel Niederlande. Schutzisolierung und MRSA-Untersuchung von Patienten seien deutlich preisgünstiger als die Behandlung einschließlich der Zusatzkosten in Fall einer Ausbreitung im Krankenhaus.

Artikel vom 10.11.2005