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Venus Express »auf dem Weg in die Hölle«

Erkundung des heißesten Planeten des Sonnensystems

Darmstadt/Baikonur (dpa). Die erste europäische Mission zur Erforschung der Venus ist erfolgreich gestartet. Die Raumsonde »Venus Express« der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) trat gestern vom russischen Raumfahrtbahnhof Baikonur in Kasachstan ihre Reise an, um die Geheimnisse des heißesten Planeten im Sonnensystem zu lüften.

Wissenschaftler erhoffen sich aus dem Einblick in ihre Atmosphäre auch Rückschlüsse auf die Klimaveränderungen der Erde. Zwei Stunden nach dem Start meldete das ESA-Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt, die Sonde habe sich planmäßig von ihrer Trägerrakete getrennt. Alle Bordsysteme funktionierten einwandfrei, und die Sonnensegel hätten sich entfaltet.
»Wir hatten einen perfekten Start«, sagte der Direktor des Darmstädter Kontrollzentrums, Gaele Winters. »Venus Express« soll den Nachbarplaneten der Erde im April 2006 erreichen und 500 Tage lang seine Atmosphäre und Oberfläche erforschen. Mit Hilfe von sieben wissenschaftlichen Instrumenten soll die 1,27 Tonnen schwere Sonde dazu umfangreiche Daten unter anderem über Temperatur, Zusammensetzung und Dichte der Atmosphäre, sammeln.
»Wir haben große Erwartungen«, sagte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. Um die Entwicklung des Klimas auf der Erde zu verstehen, gelte es, die allgemeinen Mechanismen von Planetenatmosphären zu entschlüsseln. Die Venus sei in dieser Hinsicht von besonderem Interesse, weil sie und die Erde einmal große Ähnlichkeit aufgewiesen hätten. »Wir müssen verstehen, warum und wie sie sich ab einem bestimmten Punkt so unterschiedlich entwickeln konnten, dass der eine Planet die Wiege des Lebens wurde, während sich der andere in eine wahre Hölle verwandelte«, sagte er.
Neue Erkenntnisse soll die Mission auch über die Zusammensetzung der Venus-Oberfläche liefern. Dazu macht sich die ESA unter anderem erst kürzlich entdeckte Infrarot-Sichtfenster in der ansonsten weitgehend undurchsichtigen Atmosphäre des Planeten zu Nutze.
Erste Forschungsergebnisse von »Venus Express« sind nach Einschätzung des Leiters der ESA-Planetenprogramme, Gerhard Schwehm, im kommenden Sommer zu erwarten. Die letzte Mission hatte den Planeten 1994 erreicht.
Für ihre 220 Millionen Euro teure Mission griff die ESA auf zahlreiche Technologien und Instrumente zurück, die sie bereits für die Kometensonde »Rosetta« sowie für »Mars Express«, ihre erste Mission zu einem anderen Planeten, entwickelt hatte.

Artikel vom 10.11.2005