10.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Beklemmung,
Betroffenheit und Hoffnung

Gedenken an Pogromnacht 1938


Bielefeld (MiS). Beklemmung und Betroffenheit bleiben. Auch 67 Jahre, nachdem in Bielefeld die Synagoge an der Turnerstraße in der Reichspogromnacht 1938 in Flammen aufging. Am gestrigen Jahrestag fand am früheren Standort des jüdischen Gotteshauses die traditionelle Gedenkveranstaltung statt.
Vielleicht waren bei den Teilnehmern Beklemmung und Betroffenheit in diesem Jahr sogar noch etwas größer. Denn wäre das prachtvolle Bauwerk nicht im Zuge des Judenpogroms niedergebrannt worden, es könnte 2005 »Hundertjähriges« feiern.
Eine von Jüdischer Kultusgemeinde, Stadtarchiv und Volkshochschule gemeinsam gestaltete Ausstellung im Kleinen Saal der Ravensberger Spinnerei erinnert aus diesem Anlass noch bis 4. Dezember an das frühere jüdische Gotteshaus. Ihr Titel: »Verlorener Raum - Geschichte der Bielefelder Synagoge 1905-1938-2005«. Die Schau wurde am Mittwoch im Anschluss an die Gedenkfeier eröffnet.
Schweigend waren die rund 400 Teilnehmer vom Gedenkstein an der Turnerstraße zur Ravensberger Spinnerei gezogen. Dort lobte Oberbürgermeister Eberhard David das frühere aktive jüdische Leben in Bielefeld, zu dessen Symbol die Synagoge mit ihrem 41 Meter hohen, weithin sichtbaren Turm geworden war. »Dieses Leben ist uns durch den Rassenwahn der NS-Diktatur genommen worden, und dabei wirkte das Novemberpogrom als Zäsur.« Ein Stück Hoffnung bedeute es, dass in der Stadt inzwischen wieder eine aktive jüdische Gemeinde mit 230 Mitgliedern existiere.
Es ist guter Brauch, dass die Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht von Bielefelder Schülergruppen mitgestaltet werden. Diesmal sangen Chöre des Ratsgymnasiums und der Friedrich-von-Bodelschwingh-Schulen, Schülerinnen des Gymnasiums Heepen und des Ratsgymnasiums trugen unter anderem das »Einweihungsgedicht 1905« vor, das Josefa Metz zur Eröffnung der Synagoge verfasst hatte.
Doch am Standort der früheren Synagoge ging es zunächst um die stille Einkehr. Paul Yuval Adam von der Jüdischen Kultusgemeinde sprach die Gebete »El Male Rachamim« - »Gott voller Erbarmen« und das traditionelle »Kaddisch« für die Verstorbenen.

Artikel vom 10.11.2005