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Soldaten waren nie Helden

Volkstrauertag mit Gedenken an die Opfer von Kriegen und Gewalt

Von Franz-Josef Herber (Text)
und Wolfram Brucks (Fotos)
Kreis Paderborn (WV). Es ist eine Utopie, eine christliche Utopie - aber Matthias König glaubt daran. Der Paderborner Weihbischof, gestern am Volkstrauertag Hauptredner bei der zentralen Gedenkfeier des Kreises auf dem Ehrenfriedhof Böddeken, setzt mit Unterstützung aller Christen auf die Möglichkeit des Friedens.

In seiner Ansprache vor vielen hundert Vertretern von Vereinen und Verbänden aus dem gesamten Kreis Paderborn erinnerte König zunächst an die Schrecken jedes Krieges und machte deutlich, dass trotz des früheren Titels »Heldengedenktages« Soldaten keine Helden waren. Der Weihbischof: »In Deutschland, in England, in Frankreich, in Russland, in Amerika waren es Menschen, die sich auf den Schlachtfeldern nichts sehnlicher wünschten, als bei ihren Familien, in ihrer Heimat, zu sein.« Blutige Wirklichkeit der Materialschlachten und des Stellungskrieges habe Begeisterung ganz schnell in großes Entsetzen verwandelt. Viele junge Menschen - auch die, die hier in Böddeken begraben sind - seien im Grunde Opfer einer Politik, die über Jahrzehnte den Krieg glorifiziert habe. Man habe darum gut daran getan, den alten Namen des Heldengedenktages für die Erinnerung an die Opfer der Kriege nach dem schrecklichen Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufleben zu lassen.
Und König vergaß auch die anderen Opfer von Gewalt und Terror nicht: Juden, Sinti und Roma, politische Gefangene, Menschen, die als lebensunwert galten. Was unvorstellbar schien, habe sich seitdem millionenfach wiederholt - von den sowjetischen Straflagern über die Stasigefängnisse in der DDR bis hin zum Irakkrieg - immer wieder seien Frauen und Männer, Junge und Alte Opfer von Hass und Unterdrückung, von ethnischen Säuberungen und Völkermord geworden.
In dieser eigentlich trostlosen Realität setzt der Weihbischof auf die Botschaft, zu deren zentralen Inhalten die Hoffnung gehört, dass Menschen lernen und sich ändern können. Gerade deshalb seien und sind es immer auch Christen gewesen, die die scheinbare Utopie des Friedens hochgehalten hätten. König: »Denn sie glauben an einen Gott, dessen Wesen die Liebe ist und der an die Fähigkeit seiner Geschöpfe glaubt zu lieben. Sein eigener Sohn ist Mensch geworden, um den Kreislauf von Hass, Gewalt, Krieg, Sünde und Tod zu durchbrechen.« Seitdem habe es immer wieder, auch und vor allem in Kriegszeiten, in einem Umfeld brutaler Gewalt Menschen gegeben, die an den Sieg der Liebe über den Hass geglaubt und die sich für Frieden und Verständigung eingesetzt hätten.
Nicht nur der Toten auch der Einsatzkräfte in Krisengebieten gedachte Prälat Hubert Berenbrinker in der Gedenkstunde der Stadt Paderborn am Busdorf-Mahnmal. Sie brächten persönliche Opfer für das Gemeinwohl. Der Volkstrauertag, so Berenbrinker, bleibe ein Tag der Mahnung: »Versöhnt Euch, reicht Euch die Hände, nie wieder Krieg.«

Artikel vom 14.11.2005