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Ein ganzes Leben lang
dem Lehmstich treu

Christel Althoffs Elternhaus ist Treffpunkt der Familie

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). »Das ist hier meine Welt. Wegziehen wollte ich hier nie,« sagt Christel Althoff über ihren Lehmstich. Seit 70 Jahren, seit ihrer Geburt lebt sie in dem Doppelhaus mit der Nummer 47. Das ist bereits seit 1920 in Familienbesitz, war damals ein »Erstbezug«.

Für viele Autofahrer ist der Lehmstich heute nicht viel mehr als eine Abkürzung Richtung Sudbrack. Für Christel Althoff, eine geborene Pankoke, bedeutet die Parallelstraße zur Bahnlinie, mit dem charakteristischen Blick auf die Stadtwerke und ihren Schornstein ein wichtiges Stück Heimat. Wenn sie die Haustür öffnet und in den kleinen Flur bittet, fällt der Blick auf das alte Treppengeländer mit dem kraftvollen Schwung. »Originalzustand«, bestätigt die Hausherrin und fügt gleich hinzu, dass sie nicht nur selbst als Kind hinunter gerutscht ist, sondern auch ihre sieben Kinder und inzwischen neun Enkelkinder.
Viele Familien von damals sind weggezogen, all die Häuser haben aber ihren Charakter erhalten, trotz unterschiedlicher Farben, Klinkern oder Anbauten. Einige alte Lehmstich-Anlieger trifft Christel Althoff heute noch in der Nachbarschaft, wenn sie zum Einkauf geht. Gut, statt der fünf kleinenLäden von einst gibt es heute einen Supermarkt. Die kleinen Kneipen von einst haben längst geschlossen.
Die Großeltern, Johanne und Fritz Pankoke, hatten das Haus 1920 erworben. Gebaut hatte es eine Baugesellschaft im Rahmen der Besiedlung des gesamten Geländes längs der Bahn. Eisenbahner und Stadtwerker wohnten einst hier. Christel Althoff erinnert sich an die Kindheit in den Kriegsjahren, die das Haus unbeschadet überstand. Ihre Eltern, Gertrud und Karl Pankoke übernahmen das Objekt, in dem heute wiederum die Tochter mit ihrem Sohn Torsten (39) lebt. Nur am Freitag, schwärmt die Hausherrin, dann ist es hier am Lehmstich 47 wie in alten Zeiten: »Freitag ist Familientag. Dann treffen sich alle Kinder und Enkel bei Oma. Natürlich am Lehmstich.«

Artikel vom 09.11.2005