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Die hohe Kunst der expressiven Klangrede

Astor-Trio setzte beim Jungen Konzertpodium Maßstäbe

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Nach ihnen werden es andere schwer haben. Das Astor-Trio setzte beim Saisonauftakt der Reihe »Das Junge Konzertpodium« Maßstäbe, wie sie sonst nur von alteingesessenen und namhaften Kammermusikensembles gepflegt werden.

Auf dem Talente-Förderungs-Podium der Thekos haben Anna Heygster (Violine), Julia Tom (Violoncello) und Saleem Abboud Ashkar (Klavier) eigentlich nichts mehr verloren. So ausgereift wie sie sich in expressiver Klangrede und einheitlich kammermusikalischem Atem präsentierten, ist die künstlerische Reife enorm fortgeschritten. Die großen Weltbühnen, auf denen sich der Barenboim-Protegé Ashkar längst bewegt, würden auch seinen beiden Trio-Partnerinnen zur Ehre gereichen. Nun war's vorerst das Foyer der Kunsthalle, in dem drei Musikerpersönlichkeiten ihre große Virtuosität und Musikalität in den Dienst einer sprechenden Klangrede stellten und das Publikum vom ersten Ton an zu fesseln wussten.
Schon das erste der drei dem Fürsten Carl von Lichnowsky gewidmeten Klaviertrios Beethovens lässt die Qualitäten des Trios offen zutage treten: Dieses intensive Animatospiel und der betörend federnde, nuancierte Anschlag sind von seltener Qualität. Mit Verve servieren die drei ihren Beethoven. Stellen die kontrastierenden Elemente des Allegros energisch gegenüber und verfallen im Adagio cantabile nicht der Versuchung, sich lediglich im lyrischen Strömen zu vergehen, sondern exponieren mit enormer Ausdruckstiefe die Innenspannung der dialogischen Entwicklung. Scherzo und Finale kommen prägnant konturiert und mit feurigem Schwung daher.
Mit Zoltán Kodálys »Duo für Violine und Violoncello« op. 7 gaben Anna Heygster und Julia Tom ihre Visitenkarte als Meisterinnen der expressiven Emphase ab. Mit nicht nachlassender Spannung, Gefühlsintensität und dialogischem Impetus bewegten sie sich souverän durch den hochvirtuosen Dreisätzer.
Scheinbar unangestrengt und charismatisch zugleich präsentierte das Astor-Trio zum Abschluss Johannes Brahms Trio in H-Dur op. 8. Betörend der Nuancenreichtum in der Akzentuierung, Pointierung und dynamischen Auffächerung. Ergreifend die emotionale Tiefe, mit der etwa im Adagio der melancholischen Stimmung nachgespürt wurde. Großartig, mit welchem Weitblick sich der finale Steigerungsbogen vollzog. Indes, Worte können nicht den musikalischen Höchstgenuss beschreiben, den das Astor-Trio bereitete.

Artikel vom 09.11.2005