11.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Hauch von Theater

Hardy Krüger inszeniert seine Lesung in der Druckerei

Von Wolfgang Döbber
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Da stand er nun in der Druckerei und erfüllte sein Versprechen mit einer anekdotenreichen und lebensklugen Lesung: Schauspieler und Autor Hardy Krüger, der im März wegen einer Lungenentzündung nicht hatte auftreten können, begeisterte 180 Zuhörer und nahm am Ende zusammen mit seiner Frau Anita den langen Applaus des Publikums entgegen.

Wie nicht anders zu erwarten: Der 77-jährige Hardy Krüger verwandelte die reichhaltigen, Kontinente streifenden Erfahrungen aus dem puren Leben und dem Filmbusiness in kluge und weltoffene Episoden. In sich ruhend, gelassen, trocken und witzig.
Der Weltenbummler tauchte in vier Episoden unter anderem in eine tragikomische Etappe deutsch-deutscher Geschichte am Grenzübergang Zimmerstraße in Ost-Berlin ein. Er philosophierte gedanklich leichtfüßig, er ließ seine Zuhörer immer wieder den Geist des Kontinents Afrikas spüren und schloss seine Lesung mit einer sehr innigen und herzlichen Erinnerung an den Schauspielkollegen Yul Brynner, mit dem er einst durch Paris streifte.
Doch noch etwas anderes machte diese Lesung zum Genuss: Krüger, der vom Theater kommt, liest nicht nur vor: Er trägt und hebt seine Worte und Sätze mit seiner sonoren und versonnen-schalkhaften Stimme von der reinen Ebene des Hörens auf die Ebene des unmittelbar Spürbaren und Erfahrbaren. Er inszenierte leise und doch eindringlich, so schwebte immer ein Hauch Theater durch die Druckerei.
Krüger präsentierte sich als der ehrliche Botschafter, der die Kunstfertigkeit und Widersprüchlichkeit des Lebens wie ein Clown zu nehmen weiß. Davon erzählten auch die herrlichen Passagen, in denen er in einem Restaurant mit Horst Buchholz verwechselt wird und sich dann, ganz der Schalk, als Karl-Heinz Böhm ausgibt. Die aberwitzige Situation, als er sich - versehentlich in Ost- statt in West-Berlin gelandet - mit Grenzbeamten und einem Offizier herumschlagen muss und die Ruhe behält, zeugte von einem Mann, der, wie er sagt, in eben diesen Momenten im Geiste die »Götterstimme Afrikas« vernimmt.
Im März hätte Hardy Krüger sich am liebsten trotz angeschlagener Gesundheit auf das Podium gesetzt. Auch am Mittwochabend litt er unter einer leichten Erkältung, meisterte sie aber mit Willen - und einer tollen Stimme.

Artikel vom 11.11.2005