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Bisky durchgefallen

Mit dem Kopf durch die Wand


Das Werben aus allen Parteien bis hin zum Bundestagspräsidenten hat nicht geholfen. Auch im vierten Anlauf bei der Wahl zum Vize des Bundestages ist der Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, gestern gescheitert. Ein bisher beispielloser Vorgang in der deutschen Parlamentsgeschichte.
Doch damit ist Bisky keineswegs ein Märtyrer, zu dem ihn seine Parteigenossen jetzt hochstilisieren wollen. Und wenn Gregor Gysi sagt, das Votum gegen Bisky sei ein Votum gegen die Menschen im Osten nach dem Motto »Wir wollen euch nicht«, so gießt er nicht nur Öl in das Feuer, an dem sich nun viele die Hände wärmen werden, die noch immer ihre Augen vor der Wirklichkeit im Jahre 2005 schließen.
Gysis Bemerkung ist vielmehr falsch, und das weiß er auch: Die nächste Bundeskanzlerin kommt aus dem Osten und auch der künftige SPD-Chef. Die schlichte Wahrheit ist: Die Parlamentarier lehnen jeden Vize ab, bei dem sie die für das Amt erforderliche Neutralität nicht gewährleistet sehen. Dies rührt auch aus Erfahrungen mit dem bisherigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der SPD-Vize ist.
Bisky ist Parteichef, da wollten die Abgeordneten ein Zeichen setzen, das nichts mit seiner ostdeutschen Vergangenheit zu tun hat. Schon vorher war er dreimal gescheitert - in einer demokratischen Wahl. Das hätte ihm zu denken geben müssen. Stattdessen wollte er mit dem Kopf durch die Wand. Dirk Schröder

Artikel vom 09.11.2005