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Längere Arbeitszeiten

Protest nicht mehr zeitgemäß


Bundesbeamte sollen eine Stunde länger arbeiten, 41 statt 40 Stunden. Prompt sieht der Deutsche Beamtenbund seine Mitglieder als »Melkkühe der Nation« missbraucht und spricht von »reinstem Schröpfen«. Nicht nur den Millionen Erwerbslosen, die liebend gern 41 Stunden lang arbeiten würden, stößt das übel auf. Der Protest ist übertrieben und schlicht nicht mehr zeitgemäß.
Zeitgemäß, wenngleich für die Beschäftigten mit Einbußen verbunden, ist das Modell des Textilunternehmens C&A. Wer dort eingestellt wird, arbeitet künftig zweieinhalb Stunden länger als die älteren Kollegen, ohne dafür einen Lohnausgleich zu erhalten. Damit reagiert C&A auf Konkurrenzdruck, Preisverfall und Konsumzurückhaltung. Gleichzeitig aber sichert der Konzern Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze. Deshalb sind die Opfer zumutbar, die die neuen C&A-Mitarbeiter zähneknirschend bringen müssen.
Die 35-Stunde-Woche ist ein Auslaufmodell. Egal ob Schlosser, Beamter oder Verkäuferin: Fast alle müssen sich darauf einstellen, länger in der Werkstatt, im Büro und im Geschäft zu sein. Am wenigsten sollten Bundesbeamte wie Ministerialdirigenten darüber klagen. Wer viele Privilegien genießt, schweigt lieber. Dietmar Kemper

Artikel vom 09.11.2005