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Filmsequenz
ist weltweit
eine Rarität

Gedenken an die Pogromnacht

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Am 9. November 1938 wurde die Synagoge an der Turnerstraße niedergebrannt, der hölzerne Turm stand in hellen Flammen - die Feuerwehr bemühte sich erst gar nicht, die Flammen zu löschen, verhinderte einzig das Übergreifen des Feuers auf Nachbargebäude. Alljährlich wird in Bielefeld der Pogromnacht gedacht.

In diesem Jahr ist damit eine große Ausstellung verbunden: Die Synagoge wurde vor 100 Jahren, 1905, geweiht, 1705 ging ein als Synagoge genutztes Haus am Klosterplatz in jüdischen Besitz über. Insofern verfügt die Bielefelder Kultusgemeinde seit exakt 300 Jahren über eine Synagoge.
Kultusgemeinde, Stadtarchiv und Volkshochschule haben eine Ausstellung zusammengestellt, die die Geschichte der Synagogen dokumentiert. Der ehemalige Wendtsche Hof am Klosterplatz wurde bis zum Bau der großen Synagoge von der Gemeinde genutzt.
Die Gemeinde mit etwa 900 Mitgliedern hatte für den Neubau ein Darlehn von 300 000 Mark aufgenommen. Dr. Monika Minninger (Stadtarchiv) spricht von einem prachtvollen Bau, der sich mit den schönsten Synagogen deutscher Großstadtgemeinden habe messen können. Der Architekt, der königliche Baurat Fürstenau, hatte vorher eine kleinere Version der Synagoge in Siegen gebaut; sie wurde ebenfalls am 9. November 1938 in Brand gesetzt und zerstört.
Abgerissen wurden die Ruinen nur zu einem kleinen Teil während des Krieges, die Reste des Bauwerkes verschwanden 1947. Dabei wurde der Grundstein gefunden, der Inhalt - Tageszeitungen, Geldstücke, Protokolle - gerettet. Er ist in der Ausstellung zu sehen. Erhalten blieben Bauakten und Pläne - sie lagerten zum Zeitpunkt des Brandes im städtischen Bauamt, fielen deshalb den Flammen nicht zum Opfer. Es existieren auch Schwarzweiß-Fotos vom Inneren der Synagoge, nur, so Dr. Monika Minninger, »wie die Farben dort aussahen, das ist unbekannt«. Dafür gibt es vom eigentlichen Brand am 9. November 1938 einen einminütigen Film - weltweit eine Rarität. Ein Bielefelder Kaufmann hat das Feuer heimlich gefilmt - heute ist die Sequenz unter anderem im Holocaust-Museum in Washington, im Shoa-Museum in New York, in Berlin zu sehen. Und jetzt auch im Rahmen der Ausstellung.
Die Ausstellung in der Ravensberger Spinnerei ist bis zum 4. Dezember zu sehen. Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.

Artikel vom 08.11.2005