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Ungenießbares
Fleisch in NRW

3,3 Tonnen spurlos verschwunden

Von Wolfgang Schäffer
Oldenburg/Düsseldorf (WB). Die Behörden sind noch immer auf der Suche nach 3,3 Tonnen Geflügelfleisch. Die Lieferung sollte den Papieren des Unternehmens aus Lastrup im Kreis Cloppenburg zufolge in einem Tiefkühllager in Duisburg sein. Dort ist die Marge aber nie eingetroffen.

Fündig wurden die Ermittler stattdessen in einem Hagener Großbetrieb zur Döner-Herstellung. Hier waren 1,2 Tonnen und damit die gesamte Lieferung des aus Niedersachsen gekommenen Fleisches sichergestellt worden. »Die Untersuchungen haben ergeben, dass drei von fünf genommenen Proben verdorben und ungenießbar waren«, sagte Carolin König vom Verbraucherministerium in Düsseldorf. Vorsorglich sperrten die Behörden unverzüglich weitere zwei Tonnen Putenfleisch sowie 9,6 Tonnen fertige Döner. Das Unternehmen darf die Ware nur dann in den Handel bringen, wenn es auf eigene Kosten Lebensmittel-Analysen vornehmen lässt.
Verdorbenes Geflügelfleisch wurde inzwischen auch in Brandenburg und Sachsen nachgewiesen. Dem Lastruper Unternehmen droht nun der Entzug der EU-Zulassung. Das teilte gestern das zuständige Landesamt für Verbraucherschutz mit.
Neben den verschwundenen 3,3 Tonnen Fleisch waren laut Unterlagen des Lastruper Betriebes 3,178 Tonnen Geflügelfleisch in jüngster Zeit nach NRW geliefert worden. »90 Prozent der Ware haben wir inzwischen sichergestellt«, betont Carolin König im Gespräch mit dieser Zeitung. Während dies Fleisch jetzt untersucht würde, versuche man von Seiten der Lebensmittelüberwachung alles, um auch den Verbleib der restlichen zehn Prozent zu klären. Unklar ist nach den Worten der Sprecherin, ob das verdorbene Fleisch bei Verzehr gesundheitsgefährdend sei. »Da Geflügel nicht roh, sondern gebraten oder gekocht gegessen wird, sollten eigentlich alle Erreger vor dem Essen abgetötet sein«, hofft sie.
Der Leiter des zuständigen Staatlichen Veterinäruntersuchungsamtes in Arnsberg sagte, dass in den Hagener Proben pro Gramm Fleisch bis zu 100 Millionen Keime gezählt worden seien. »Bei einer Million sieht man dem Fleisch schon an, dass es nicht in Ordnung ist.«
Der Anwalt der verdächtigen Firma aus Lastrup wies alle Vorwürfe zurück. »Es ist kein verdorbenes Fleisch in den Handel gelangt«. Er könne sich nicht vorstellen, dass die niedersächsische Firma für die beanstandete Lieferung in Hagen verantwortlich sein soll. Das bei seinem Mandanten beschlagnahmte Hähnchen- und Putenfleisch sollte nicht ausgeliefert, sondern vernichtet werden. »Vielleicht von den Verbrauchern«, kommentierte gestern ein Insider diese Bemerkung.
Der Geflügelfleisch-Skandal wird auch Thema im niedersächsische Landtag sein. Für heute ist eine aktuelle Stunde angesetzt.

Artikel vom 09.11.2005