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Wer rettet Nürnberg?

Nun bringt der »Club« sogar die eigenen Fans auf

Nürnberg (dpa). Der VfB Stuttgart ist wieder auf Trab, beim 1. FC Nürnberg läuft hingegen alles schief. Der »Club« steht nach dem 0:1 im Krisengipfel der Fußball-Bundesliga am Abgrund, aber ein Retter ist nicht in Sicht.
Nach der Absage von Lothar Matthäus versetzte das überraschende »Nein« von Peter Neururer den Franken einen Schock. »Als Tabellenletzter einen Trainer zu finden, ist schwierig. Wir können ja niemanden zwingen«, sagte Sportdirektor Martin Bader zur bisher erfolglosen Suche nach einem Nachfolger von Wolfgang Wolf. Für Giovanni Trapattoni war der »extrem wichtige Sieg« dagegen Balsam auf die Seele, aber kein Freifahrtschein. »Wir stehen hinter dem Trainer, aber es gibt von mir keine Garantien«, sagte VfB-Chef Erwin Staudt.
Als die Stuttgarter froh gelaunt die Heimreise antraten, kochte die Nürnberger Volksseele. Schon während des von Christian Tiffert (10.) früh entschiedenen Spiels machten sich die Fans mit wütenden »Wir haben die Schnauze voll«-Rufen ihrem Ärger Luft, und bis zwei Stunden nach dem Abpfiff verhinderten über hundert von ihnen mit einer von Polizei und Sicherheitskräften streng überwachten Blockade die Abfahrt des FCN-Mannschaftsbusses. Kapitän Mario Cantaluppi versprach via Megafon den Anhängern eine »Aussprache mit der ganzen Mannschaft«, konnte die aufgebrachte Menge aber nach dieser schwachen Vorstelluing auch nicht besänftigen.
Bader zeigte Verständnis für den Zorn der Fans, »denn die Leistung war sehr enttäuschend. Die Mannschaft war über weite Strecken leblos und hat kein Bewerbungsgespräch für den neuen Trainer abgeliefert.« Vom Offenbarungseid des Tabellenletzten verschreckt, schickte Wunschkandidat Neururer seine Absage auf Baders Mailbox. »Das war so schlecht, da kann ich auch nicht mehr helfen«, begründete der Coach seine Entscheidung. Dieter Eilts, dessen Anwesenheit im Frankenstadion Spekulationen auslöste, steht auch nicht zur Verfügung. »Die Sache kann man komplett abhaken und vergessen«, sagte der U 21-Nationaltrainer.
Spätestens bis zum Kellerderby am 19. November beim 1. FC Kaiserslautern soll Wolfs Nachfolger feststehen. Ob er nun Werner Lorant oder Jupp Heynckes, deren Namen jetzt gehandelt werden, ist Raphael Schäfer egal. Es gehe nicht um einen neuen Trainer, meinte Nürnbergs Torhüter, »nur die Mannschaft kann da unten wieder raus kommen.« Wie schwer das ist, weiß Interimscoach Dieter Lieberwirth. »Die Spieler sind im Kopf nicht frei, haben kein Selbstvertrauen«, stellte der ehemalige Profi nach der dritten Niederlage hintereinander fest.

Artikel vom 08.11.2005