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Man spricht wieder französisch

Christof Pülsch mit großer Orgelromantik bei den Konzerttagen vertreten


Bielefeld (uj). Schön, dass der Neue ebenso wie sein Kantorenvorgänger an der Altstädter Nicolaikirche offenbar eine Affinität zur französischen Orgelromantik besitzt. Nach seinem ansprechenden Antrittskonzert mit skandinavischen Mitbringseln erwies sich Christof Pülsch jetzt im Rahmen der Bielefelder Konzerttage als versierter Interpret der Werke César Francks, Olivier Messiaens und Alexandre Guilmants.
Francks drei Choräle erfreuen sich bei Publikum und Organisten größter Beliebtheit. Häufiger gespielt, erklang hier der erste, fantasieartig strukturierte in logischen, bis zum triumphalen Glanz hochgeschraubten Spannungsbögen. Geschmackvolle Farbgebung und differenzierte Tempogestaltung adeln das Spiel von Christof Pülsch, der hier die technischen Möglichkeiten der Beckerath-Orgel dezent nutzte, um die vielgestaltigen Stimmungen hervorzuzaubern.
Messiaens Soixante-quatre durées (Vierundsechzig Notenwerte) mit seiner quantifizierenden Rhythmik und den Messiaen-typischen ornithologischen Einsprengseln bezieht seinen Reiz aus dem Miteinander von Statik und impulsiven Bewegungseinheiten, die hier plastisch-pointiert dem Werk Profil gaben.
In Guilmants »Sonate Nr. 5 in c-Moll« schließlich kann Pülsch seine enormen manuellen wie auch musikalischen Fähigkeiten voll einbringen. Ungekünstelte Leidenschaft durchzieht den gewaltigen Klangkosmos des Allegro appassionato, das Adagio fließt warm-schmelzend von der Hand, im Scherzo bewundern wir wieder die ausgefeilte Agogik und Akzentuierung, die dem Satz frische Bewegtheit verleiht. Das Rezitativo, bewusst bedacht gespielt, bereitet den Grund für orgelbombastischen Choral und Fuge, die präzisionsfunkelnd, geschmeidig und vital serviert wurde.

Artikel vom 08.11.2005