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Mehr Personal ist nötig:
Feuerwehr wird teurer

EU-Richtlinie bedeutet für Stadt »Quadratur des Kreises«

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Auf die chronisch finanzschwache Stadt Bielefeld könnten neue Personalausgaben von knapp einer Million Euro jährlich zukommen. Grund: die Berufsfeuerwehr braucht weitere Retter und Helfer. Feuerwehrchef Gerhard Wörmann beziffert den Mehrbedarf auf 24 »Blauröcke«.

Grund dafür ist eine zwölf Jahre alte Arbeitsschutz-Richtlinie der Europäischen Union (EU), die erst jetzt in NRW umgesetzt wird. Die EU-Vorschrift besagt, dass die maximale Arbeitszeit von Schichtdienst leistenden Berufsfeuerwehrleuten 48 Wochenstunden nicht übersteigen darf. Zurzeit liegt die Höchstgrenze pro Mann allerdings bei 54 Arbeitsstunden pro Woche. Um endlich EU- in deutsches Recht umzusetzen, regelt das Land NRW in diesen Tagen die Arbeitszeitenverordnung für die Helfer und Retter mit den großen roten Fahrzeugen neu.
Laut Bielefelds Wehrchef Gerhard Wörmann verfügt die hiesige Berufsfeuerwehr über etwa 190 Stellen im so genannten Einsatzdienst. Das sind die im Schichtdienst arbeitenden Wachabteilungen oder Rettungswagen-Besatzungen, die im Ernstfall von jetzt auf gleich einsatzbereit sind. Würde künftig pro Mann sechs Stunden in der Woche weniger gearbeitet, kann das nur mit einem Mehr an Personal aufgefangen werden.
Wie Stadtkämmerer Franz-Josef Löseke erklärte, habe das Land vor kurzem einen ersten Entwurf zur neuen Arbeitszeitrichtlinie präsentiert. Voraussichtlich im Frühjahr 2006 werde die endgültige Fassung der Verordnung vorliegen.
Ob dann die Berufsfeuerwehr tatsächlich um 24 Mitarbeiter aufgestockt wird, hält Stadtkämmerer Löseke aber für mehr als zweifelhaft. Angesichts der leeren Stadtkasse - Löseke: »Jeder zusätzliche Feuerwehrmann kostet 40 000 Euro im Jahr!« - müsse man den Mehrbedarf bei den Helfern und Rettern »dämpfen«. Löseke verwies auf den aktuellen Ratsbeschluss für den Haushalt 2006 und die Finanzplanung bis zum Jahr 2010. Demnach sind die Personalausgaben in den nächsten fünf Jahren um 146 Stellen zu senken. Das Mehr an Personal für die Berufswehr bei der gleichzeitigen Vorgabe des Stellenabbaus innerhalb der Verwaltung zu gewährleisten, dass sei, so Löseke, »die Quadratur des Kreises.«
Ob nun 24 neue Berufsfeuerwehrleute oder weniger - weiteres qualifiziertes Personal wird so schnell wie benötigt wohl nicht zur Verfügung stehen. Ausgebildete »Blauröcke« - die Lehrzeit beträgt bis zu drei Jahre - sind überall im Bundesgebiet heiß begehrt. Zudem ist nach Erlass der neuen Arbeitszeitenregelung Bielefeld im Land NRW nicht die einzige Kommune, die einen plötzlichen Mehrbedarf an Helfern und Rettern hat.
Stadtkämmerer Löseke setzt deshalb darauf, die etwa 820 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Bielefeld vorübergehend noch stärker als bislang in den Brandschutz einzubinden, bis genügend ausgebildete Berufsfeuerwehrleute zur Verfügung stehen. Diese Vorstellung des Finanzchefs im Rathaus könnte sich allerdings als unrealistisch erweisen. Feuerwehrkenner wissen, dass die Freiwillige Wehr bereits nahezu mit voller Kapazität in puncto helfen, retten und löschen eingespannt ist.

Artikel vom 05.11.2005