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Auszeit vom grauen Alltag

Konzert mit Laith Al-Deen und Lea Finn im Ringlokschuppen

Bielefeld (Rga). Die zarte Erscheinung der 24-jährigen Künstlerin Lea Finn bildet optisch einen starken Kontrast zum seichten Rock-Künstler Laith Al-Deen, einem Koloss von einem Mann. Musikalisch kommen sich die beiden indes schon näher, präsentieren sie doch deutsch-sprachigen Schlager mit semi-anspruchsvollen Texten.

Der Schmusebarde Laith Al-Deen hat in der hiesigen Musiklandschaft seinen Platz gefunden und sich eine treue Fangemeinde erspielt. Mit dem Erreichen der erstrebten Ziele scheint sich jedoch eine gewisse Sättigung eingestellt zu haben. Und so ist nicht nur optisch, sondern insbesondere auch musikalisch die Dynamik des 33-jährigen Deutsch-Irakers ein wenig auf der Strecke geblieben.
Etwas kraftlos wirkte an diesem Abend im Bielefelder Ringlokschuppen die Darbietung des deutschsprachigen Künstlers, der bis kurz vor dem Auftritt noch ein ausgedehntes Nickerchen hielt. Lediglich bei dem Song »Bilder von Dir«, dem Radio-Hit aus dem Jahre 2000, taute Multiinstrumentalist Al-Deen (Schlagzeug, Gitarre, Klavier) gegen Ende des knapp zweistündigen Konzertes auf, ließ seine markante Stimme endlich mit aller Gewalt ertönen.
Nachdem die junge Bremerin Lea Finn mit einer erfrischenden Darbietung im gemäßigten Singer/Songwriter-orientierten Akustik-Gewand ihre Reize lässig in Szene setzte, war der eigentliche Star des Abends etwas zu gut aufgelegt. Allzu lapidar sang Laith Al-Deen seine Kompositionen herunter, und gab sich zwischen dargebotenen Hits wie »Dein Lied« ausgesprochen redselig. Unvermeidliche Brüche in der Darbietung, eine verpasste Chance der Komposition von Emotionen, war die Folge.
Immerhin versprühte der sympathische Sänger trotz des fehlenden Esprits Wärme und Herzlichkeit, und schien die Fans im gut gefüllten Ringlokschuppen so eine Auszeit von der grauen Jahreszeit und den Alltagssorgen zu ermöglichen. Die Mischung aus feinfühliger Soul-Musik und herzerfrischendem Rock verfehlte dabei nicht ihre Wirkung. Wem der mindere Anspruch des Abends dazu gereichte, sich an harmlosen Schlagern im seichten Rockgewand zu erfreuen, fühlte sich bei der Musik Al-Deens also bestens aufgehoben. Tiefgründige Texte, beseelte Selbstzerstörer mit dreckigem Rock oder auch exzentrische Shows sucht man bei bei dem handzahmen »Nice Guy« indes vergebens. Laith Al-Deen ist ein Künstler mit gewissem Charme, leider aber kein ambitionierter Performer mit großen Gesten - vielleicht war er das früher einmal.

Artikel vom 05.11.2005