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Ingrid Loewe bei der Vorführung von Goldschmiedearbeiten.Foto: Meyer zur Heyde

Edle Metalle und ein Perlentraum

»Handwerkliches« Salongespräch

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). »Dieses Baumes Blatt gibt geheimen Sinn zu kosten«, befand Goethe 1815, und auch 190 Jahre später hat der Ginkgo-Baum nichts von seiner Faszination verloren: Poetisch gestimmt unter »Ginkgoblatt und Perlentraum« bat Ingrid Loewe zum Salongespräch.

Die Bielefelder Goldschmiedin führte auf Einladung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft und des Museums Huelsmann inmitten barocker Gold- und Silberpracht einzelne Arbeitsschritte vor und zeigte eine Auswahl ihrer schönsten Arbeiten. Holz jeder Art und edle Metalle, dazu bunt geäderte Steine wie Opal und Achat, aber auch Bernstein, wecken die Phantasie der Künstlerin.
»Ich finde die Grundformen in der Natur - ich muss sie nur vervollständigen«, sagt Ingrid Loewe. Beim Spaziergang fand sie ein (für normale Augen: unscheinbares) Stück Schwemmholz, in der Mitte verdickt, an einem Ende stumpf, am anderen spitz auslaufend. Die Goldschmiedin, die seit 35 Jahren Unikate fertigt, fügte Flügel an und einen Schnabel, und da sieht es jeder: ein Papagei!
Hier eine zarte Libelle, dort ein brüllender Löwe - Ingrid Loewe spielt mit dem Material. »Um Schönes zu schaffen, braucht man Zeit, Ruhe, Ausdauer und Ideen«, sagt die Künstlerin über ihren »kraftvollen, schmutzigen« Beruf. Im vergangenen Jahr hat sie ihr Traumland bereist: Japan. Dort ließ sie sich erneut von der Anmut des Ginkgo-Baumes, von seinen zweigeteilten Blättern inspirieren, von einer Pflanze also, die seit 280 Millionen Jahren wächst, in Fernost eine Nische füllte und um 1700 dank weltreisender Ästheten den Weg nach Europa fand.
Ginkgo heißt Entenfuß, aber die Japaner nennen ihn auch Elefantenohrbaum und Tempelbaum. Ginkgo-Motive zieren Schwertknauf und Textilien, seine Blätter werden in Elfenbein verarbeitet, mit Opalen, gerne auch mit Perlen - künstlichen Tautropfen - verziert. Diese Empfindsamkeit atmen auch Ingrid Loewes Schmuckstücke, die »niemals symmetrisch sein dürfen.«
Zahlreiche Gäste fanden sich im Museum Huelsmann von diesen Wundern natürlicher Formen und menschlichen Gestaltungswillens verzaubert. Gisela Bremer, Geschäftsführerin der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, ließ sich ebenfalls inspirieren und bereitete Essbares in Form von Ginkgoblättern - mit grünem Tee gewürztes Gebäck, aber auch deftig: Butter und Käse auf Pumpernickel.

Artikel vom 07.11.2005