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»Jungfer Hermine« liebt die »Einigkeit«

Carin Schenk-Schmidt erneut Gast beim Herbstkonzert des Sennestädter Männergesangvereins

Sennestadt (rs). Das traditionelle Herbstkonzert des MGV »Einigkeit« Sennestadt hatte am Samstagabend wieder zahlreiche Zuhörer in die Aula der Hans-Ehrenberg-Schule gelockt Sie konnten sich über ein lebendiges, abwechslungsreiches Programm freuen, für dessen Gestaltung Chorleiter Horst Petruschke tief in die Schatztruhe seiner Ideen gegriffen hatte.

Nach dem auffordernden Auftaktlied »Sing mal wieder« wurden die Gäste von dem neuen Vorsitzenden Bodo Koch begrüßt. Mit der flotten amerikanischen Glory-Land Volksweise stellte sich der Chor vor - begleitet von der Pianistin Lilia Simtchenkova, auf die sich die Sänger während des ganzen Konzerts als zuverlässige Begleiterin verlassen konnten. Der folgende Programmteil war Johannes Brahms gewidmet.
Den Auftakt machte eine geschickt zusammengestellten Folge deutscher Volkslieder mit unterschiedlichsten Stimmungsbildern und Besetzungen,wobei der Chor mit einem kultivierten Klangbild und trefflicher Artikulation eine beste Visitenkarte abgab.
Ein für Klavier vierhändig gesetzter Ungarischer Tanz desselben Komponisten (mit Simtchenkova und Petruschke als Solisten) leitete über zu dessen anspruchsvoller ergreifender Alt-Rhapsodie für Solo, Männerchor und Orchester. Letzteres wurde durch das Klavier ersetzt. Eines der persönlichsten Werke von Brahms.
Er war unglücklich verliebt in die 23 Jahre jüngere Schumann-Tochter Julie, die sich mit einem anderen verlobte. Der Seelenschmerz des Komponisten findet Ausdruck in der emotionalen Dichte dieser Rhapsodie nach Versen aus Goethes »Harzreise im Winter«. Dabei überzeugte mit einer besonders anspruchsvollen Solo-Partie die Mezzosopranistin Carin Schenk-Schmidt, die zum dritten Mal in diesem Rahmen gastierte.
Mit ihrer betörend schönen, bruchlos durch alle Register geführten Stimme und ihrer Fähigkeit, klanglich zu nuancieren, verlieh sie dieser rezitativischen Gesangsszene große Ausdruckskraft.
Im dritten choralähnlichen Teil vereint sich die Solostimme in schönsten Harmonien mit dem vierstimmigen Männerchor. Bemerkenswert war die fachübergreifende Kompetenz dieser Sängerin mit der umwerfenden Bühnenpräsenz. Denn auch als Operettendiva und Musicalstar wusste sie zu überzeugen. Sogar als umjubelte Solo-Kabarettistin, die das Publikum zu dessen Gaudi mit einbezog.
Anschließend schlüpfte sie - im Capriccio für Solo und Männerchor, mit lokalbezogener Textfassung von Hans-Peter Liesenfelder und musikalischen Arrangements von Horst Petruschke - in die Rolle der »Hermine Scheuersand«. Zu hören waren Opern- (Der Waffenschmied), Operetten- (Die lustige Witwe) und Musical-Ausschnitte (My fair Lady).
Der Männerchor profilierte sich sing- und spielfreudig mit bekannten Chorsätzen aus diesen Bühnenwerken und konnte sogar auf Notenvorlagen verzichten. Carin Schenk-Schmidt alias Hermine - die einst Gesangunterricht hatte - begeisterte das Publikum und verblüffte mit ihrem enormen Stimmumfang. Sie überzeugte als alte Jungfer Hermine ebenso wie als verführerische Lustige Witwe oder naives Blumenmädchen Eliza. Es gab großen, zur Zugabe ermunternden Beifall für alle Beteiligten. Jutta Albers

Artikel vom 07.11.2005