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Gemalte Fragen am Altar

Anne-Christin Radeke stellt in der Süsterkirche aus


Bielefeld (WB/mzh). Hinge das Bild in einer Galerie, würde der Betrachter zunächst nicht mehr als einen weißen Streifen vor dunklem Hintergrund erkennen. Im Altarraum der Süsterkirche jedoch wirkt das Großformat wie ein Kommentar zum weiß gedeckten Abendmahlstisch. Im Gotteshaus der reformierten Gemeinde an der Güsenstraße zeigt die Künstlerin von diesem Sonntag bis zum 19. November Arbeiten aus den letzten fünf Jahren. Die Ausstellung wird im Anschluss an den Gottesdienst (10.15 Uhr) gegen 11.15 Uhr eröffnet.
»Zugunsten des Abstrakten ist das Figürliche im Laufe der Zeit in den Hintergrund getreten«, sagt die gebürtige Bremerin, die ihr Atelier in der »Galerie David« (Hans-Sachs-Straße) hat. »An der Staffelei verschwindet die Außenwelt und macht etwas Neuem Platz.« Anne-Christin Radeke will wissen, was die Welt zusammenhält, liest in den Mythen der Völker und sucht Antworten, die ihre Bilder jedoch nicht geben. »Es sind eher gemalte Fragen.«
Und so begibt sich der Betrachter auf eine Reise in fremde Räume, wagt Übergänge vom Licht ins Dunkel und begegnet gelegentlich schemenhaften Gestalten, die vor der Endfassung des Bildes auf der Leinwand waren. Eine kniende Frau? Ein Mädchen mit Zöpfen? Eine Nonne vielleicht? Der Kirchenraum verändert die Wahrnehmung, und Anne-Christin Radeke begreift sich als Archäologin: »Ich grabe etwas aus.« Das braucht Zeit, und die Künstlerin gestaltet ihre Arbeit in Öl und Mischtechnik oft über Wochen und Monate hinweg.
Zur Eröffnung singt Heike Hallaschka, begleitet von Gerd Radeke (Trompete) und Daniel Debrow am Flügel. Die Süsterkirche ist dienstags bis samstags von 16 bis 18 Uhr geöffnet.

Artikel vom 05.11.2005