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»Deutsche akzeptieren Reformen nicht«

Deutsche-Bank-Chefökonom Walter in Herford

Von Edgar Fels
Herford (WB). Die Binnenkonjunktur kommt so bald nicht in Schwung. Die Zinsen werden steigen, die Energiepreise hoch bleiben und die große Koalition wird den großen Wurf, das Land zu reformieren, nicht schaffen.
Ökonom Norbert Walter. Foto: Hannemann

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Professor Dr. Norbert Walter, hat gestern Abend bei einem Vortrag in Herford ein düsteres Zukunftsbild von Deutschland gezeichnet. Reformpolitik sei derzeit nicht machbar, weil die Mehrheit der Bevölkerung sie nicht akzeptiert, sagte Walter im Museum MARTa, wohin er einer Einladung der Unternehmergruppe Ostwestfalen-Lippe gefolgt war.
Mal grob, mal zynisch - Norbert Walter sprach Klartext bei seiner Analyse der Weltwirtschaft. Der halbe Globus befinde sich im Aufschwung: China, Indien, Lateinamerika, sogar die USA schafften ein Wachstum von vier Prozent. Und Europa? »Europa ist eingeschlafen«, frotzelte der Ökonom. Europa werde kein Wachstumsmotor sein. Und mittendrin Deutschland. »Viele Unternehmen haben ihre Kostenstruktur in Ordnung gebracht«, lobte Walter. »Die wissen auch, wo die Post abgeht.«
Die Deutschen seien gut, nicht nur bei High-Tech, auch auf ganz anderen Feldern wie etwa beim Weinanbau. Gegenüber unseren Nachbarstaaten sei Deutschland in den vergangenen fünf Jahren 20 Prozent wettbewerbsfähiger geworden. Das sei die gute Nachricht. Die schlechte: Wir erleben das 11. Jahr Rückgang der Bautätigkeit und das 10. Jahr Stagnation im Einzelhandel. Walter: »Es wird zu wenig investiert.«

Artikel vom 04.11.2005