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Menschen in
unserer Stadt
Erika Edusei
Reformierte Pfarrerin

»Wie kommt man bloß auf die Idee, die Menschen mit Bratwürsten und Luther-Bonbons zum Glauben führen zu wollen?« Erika Edusei, Pfarrerin der reformierten Gemeinde, deren religiöses Zentrum die Süsterkirche ist, wundert sich. »Wenn die Kirche glaubt, sich in der verflachenden Event-Kultur behaupten zu können, irrt sie - als Lieferanten flüchtiger Reize sind weltliche Anbieter besser.«
Dabei bräuchte die Kirche doch gar nicht nach anderen zu schielen: »Wir haben Gottes Wort, wir haben die Kirchenmusik, und wir können aus der Tiefe und der Tradition der Theologie schöpfen«, sagt die 60-Jährige, die zunächst Theaterwissenschaften studierte, dann heiratete und dreifache Mutter wurde - und sich schließlich zum Theologiestudium in Bethel und Münster einschrieb. »Ich wollte das Neue Testament endlich auf Altgriechisch lesen können.«
Dabei ist es nicht geblieben, denn den Reformierten ist alle Theorie grau. Also predigt Erika Edusei nicht nur von der Kanzel, sondern ist auch als Sozialarbeiterin unterwegs. Wenn man sie fragt, wie sie all die Menschen ins Gotteshaus bekommen will, muss sie um die Antwort nicht verlegen sein: »Ich treffe doch täglich mit ihnen zusammen.«
Mancher, dem Erika Edusei Halt in schweren Stunden gab oder einen Weg aus einer schwierigen Situation wies, war erstaunt, weil die Pfarrerin »alle Zeit der Welt« zu haben schien. Und das heute, wo so viele flüchtig am Nächsten vorbeihasten. »Ich fühle mich für die Bedürftigen verantwortlich.« Die Reformierten, von denen es in Bielefeld und Umgebung etwa 2500 gibt, meinen, was sie sagen - unter anderem versehen neun Schwestern und ein Diakon aus unserer Gemeinde ambulante Pflege. »Meine eigenen Kinder prüfen, ob ich glaubwürdig bin.«
In der reformierten Kirche, die wegen des zweiten Gebots auf Bilder und Kreuzesdarstellungen verzichtet, »können Sie mit einer guten Predigt rechnen.« Ganz wichtig ist Erika Edusei die innige Verbindung von Kirche und Kunst. »Die reale Welt erschöpft sich nicht in der Wirklichkeit, und es ist die Kunst, die über sie hinausweist.« Hier berühren sich weltliche Kultur und Religion dann doch - zum Wohle der Gottsuchenden unserer Zeit. Matthias Meyer zur Heyde

Artikel vom 04.11.2005